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Kinder sind den ganzen Tag in Bewegung, rennen, springen auf dem Trampolin und fahren Roller oder Fahrrad. Dass sie dann abends im Bett liegen und plötzlich über Schmerzen in den Armen oder Beinen klagen, wundert die meisten Eltern nicht. Häufen sich die Beschwerden jedoch und ist das Kind dabei noch unruhig und weinerlich, machen sich Sorgen breit. Wann ist es Zeit, zum Kinderarzt zu gehen? Wiederkehrende oder anhaltende Schmerzen sind bei Kindern immer ein Warnsignal. Je nach Alter sind die Angaben, wo genau sich das Problem befindet, nicht sehr exakt. Auch ohne weitere Symptome wie Fieber oder eine deutliche Bewegungseinschränkung kann in wenigen Fällen eine ernsthafte Erkrankung wie der akute Bruch eines Knochens, Rheuma oder ein Knochentumor die Ursache für die Schmerzen sein. Deshalb sollten Sie mit einem Besuch beim Kinderarzt nicht lange warten.
Manchmal tut Wachsen weh
Eine häufige und harmlose Ursache für schmerzende Arme und Beine ist bei Kindern der Wachstumsschmerz. Bereits seit über 100 Jahren sind Mediziner dem Phänomen auf der Spur und erforschen die genauen Zusammenhänge. Trotzdem gibt es nur Theorien über den Mechanismus. Eine Idee ist die unterschiedliche Wachstumsgeschwindigkeit der Knochen und der sie umgebenden Sehnen und Muskeln. Die Knochenhaut beginnt zu spannen und kann den betroffenen Kindern wehtun. Eine andere Theorie geht davon aus, dass Wachstumsschmerzen Ermüdungsschmerzen sind, da das Wachstum den kindlichen Knochen unter Stress setzen kann. Ein dritter Ansatz sieht die Beschwerden aus dem psychosozialen Blickwinkel und vermutet seelischen Stress hinter dem Schmerz.
Wie die Symptome aussehen
Auch wenn nur der Kinderarzt den Wachstumsschmerz diagnostizieren kann, gibt es doch typische Merkmale der Beschwerden, die Sie als Eltern erkennen können.
- Das Alter, in dem die Schmerzsymptomatik meist auftritt, liegt zwischen zwei und 12 Jahren und Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen.
- Es liegt ein Ruheschmerz vor, der häufig abends und nachts auftritt. Die Kinder werden dadurch manchmal unsanft aus dem Schlaf gerissen.
- Morgens hüpft Ihr Kind völlig unbeeinträchtigt aus dem Bett.
- Arme und Beine können einseitig oder beidseitig weh tun. Meist sind beide Seiten betroffen.
- Der Charakter des Schmerzes ist ziehend oder brennend.
- Es liegt keine Bewegungseinschränkung wie zum Beispiel ein Humpeln oder Hinken vor.
- Die Gelenke sind schmerzfrei.
- Ihrem Kind tun wahrscheinlich die Ober- oder Unterschenkel an der Vorder- oder Rückseite weh. Auch die Arme können betroffen sein.
- Ihr Kind kommt nicht zur Ruhe und kann nachts nicht still in seinem Bett liegen.
- Der Kinderarzt kann keine Schwellung, Rötung oder Überwärmung entdecken.
- Arme und Beine der Kinder mit Wachstumsschmerzen sind nicht druckempfindlich.
Wie der Kinderarzt zu seiner Diagnose kommt
Der Wachstumsschmerz ist eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Weder im Blut, noch auf Röntgenbildern oder anderen bildgebenden Untersuchungen findet sich ein Beweis für die Symptome. Im Gespräch mit Ihrem Kind und Ihnen erhält der Kinderarzt wichtige Hinweise für seine Verdachtsdiagnose. Die fehlenden körperlichen Anzeichen für eine Entzündung oder einen Knochenbruch untermauern den ersten Eindruck. Weil aber ernsthafte Erkrankungen ähnlich beginnen können, kann der Mediziner Blut- und Röntgenuntersuchungen empfehlen, um diese sicher auszuschließen. Auch eine Kernspintomografie (MRT) kann hilfreich sein, ohne Ihr Kind mit Röntgenstrahlung zu belasten.
Mögliche Differenzialdiagnosen der Wachstumsschmerzen sind zum Beispiel:
- Knochenbrüche
- Infektionen der Knochen und des Knochenmarks (Osteomyelitis)
- rheumatische Erkrankungen
- Tumore der großen Röhrenknochen
Wie Sie Ihrem Kind helfen können
Der Kinderarzt hat nicht viele Behandlungsmöglichkeiten in der Hand. Häufig sind die Schmerzen aber auch gar nicht so stark ausgeprägt, dass Ihr Kind ein Schmerzmittel benötigt. Ihre Zuwendung und Liebe sind in diesen Momenten viel wichtiger und hilfreicher als Tabletten. Vielen Kindern hilft Wärme, um Wachstumsschmerzen zu vertreiben und besser einschlafen zu können. Probieren Sie es mit einer Wärmflasche oder einem warmen Kirschkernkissen. Auch ein warmes Bad kann dem kleinen Patienten helfen, sich zu entspannen. Andere Kinder reagieren besser auf Coolpacks oder kühlende Umschläge um die schmerzenden Arme oder Beine. Sanfte Massagen oder ein festes Streicheln von Mama oder Papa kann die Beschwerden ebenfalls bessern.
Tipp: Wenn Ihr Kind Wachstumsschmerzen hat, probieren Sie eine Massage der Arme oder Beine mit warmem Hautpflegeöl. Machen Sie es sich zusammen gemütlich und kneten Sie die betroffenen Muskelpartien sanft für 15 Minuten durch.
Die Prognose ist gut
Denken Sie immer daran, dass die Schmerzen bald von alleine wieder vergehen und keine Gefahr für Ihre Tochter oder Ihren Sohn darstellen. Sorgen Sie für genügend Schlaf und setzen Sie Ihr Kind in den Wachstumsphasen keinem unnötigen Stress aus.
Quellen:
Klaus Buckup, Kinderorthopädie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2001
Christian Speer, Manfred Gahr, Pädiatrie, Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2005
Schönau et.al., Pädiatrie integrativ, Konventionelle und komplementäre Therapie, Urban & Fischer, München 2005