Strommix Deutschland 2018 – Aktueller Energiemix und Entwicklung

Ein Leben ohne Strom ist heute kaum noch vorstellbar. Um die Versorgung zu gewährleisten, muss Strom erzeugt werden. Die Stromerzeugung erfolgt aus vielen unterschiedlichen Energiequellen. Lesen Sie hier mehr zur derzeitigen Situation in Deutschland.

Strommix Verteiler

In diesem Artikel

Der Begriff Strommix bezeichnet die anteilige Zusammensetzung des in Deutschland erzeugten Stroms nach Energieträgern. Aktuell wird dieser zu 40 Prozent aus erneuerbaren und zu 60 Prozent aus konventionellen Energieträgern gewonnen. Diese Mischung verschiebt sich jedoch seit Jahren schon in Richtung der erneuerbaren Energien, während die traditionellen Energien immer weiter zurückgedrängt werden.

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Energiewende in Deutschland

Bei der Umgestaltung des bestehenden fossil-nuklearen in ein nachhaltiges Energiesystem auf der Basis erneuerbarer Energien, nimmt Deutschland eine globale Vorreiterrolle ein. Dabei wird sich nicht nur die Schonung unserer Umwelt und Ressourcen, sondern auch das Unabhängigmachen von einzelnen Energiequellen zur Wärme- und Stromversorgung zum Ziel gesetzt. So sollen bis 2050 die regenerativen Energien mindestens 80 Prozent des deutschen Stromverbrauchs ausmachen. Neben dem voraussichtlich 2022 abgeschlossenen Atomausstieg, soll bis dahin auch vollständig auf den Abbau von Kohle verzichtet werden. Grundlage dafür bildet vor allem das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), welches laut Definition (§ 1 Abs. 1) im Interesse des Klima- und Umweltschutzes

  • eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung ermöglichen,
  • die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte verringern,
  • fossile Energieressourcen schonen und
  • die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen fördern

soll.

Strommix Collage von alt zu neu

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz

Ziel ist es bis 2035 den Anteil regenerativer Energien am Stromverbrauch auf 55 bis 60 Prozent zu erhöhen. Um dieses Vorhaben umsetzen zu können, wird nach § 3 Nr. 21 EEG die Stromerzeugung durch folgende erneuerbare Energieträger gezielt gefördert:

  • Wasserkraft einschließlich der Wellen-, Gezeiten-, Salzgradienten- und Strömungsenergie
  • Windenergie
  • solarer Strahlungsenergie
  • Geothermie
  • Energie aus Biomasse einschließlich Biogas, Biomethan, Deponiegas und Klärgas sowie aus dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haushalten und Industrie.

Tipp: Bei Wiado finden Sie auch weitere Informationen zum EEG, insbesondere zur EEG-Umlage.

Stromkennzeichnung

Um diese Ziele zu erreichen, sind Netzbetreiber gesetzlich zur bevorzugten Aufnahme von Strom aus erneuerbaren Energien – gegen die Zahlung von Vergütungssätzen seitens des Gesetzgebers – verpflichtet (nach § 2 EEG).  Der Strommix eines jeden einzelnen Verbrauchers ist jedoch abhängig vom jeweiligen Versorger. Für diesen besteht dabei nach § 42 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) jedoch Kennzeichnungspflicht: das heißt, für den Endverbraucher muss die anteilmäßige Aufteilung der Energieträger, aus denen der bezogene Strom erzeugt wird, erkennbar sein. Daneben ist zwingend die Menge der anfallenden Kohlendioxid-Emissionen und des radioaktiven Abfalls bei der Erzeugung des Stroms anzugeben.

Tipp: Überprüfen Sie also ruhig die letzte Stromabrechnung Ihres Anbieters, ob dieser auch wirklich seinen gesetzlichen Pflichten nachkommt und alle geforderten Angaben macht.

Ein Beispiel für eine mögliche Umsetzung der Gesetzesvorlage eines regionalen Anbieters in Online-Form finden Sie hier.

Kritik

Viele Experten halten die gesetzlichen Regelungen indes für zu lasch. Daher fehle es der gesamten Stromkennzeichnungspraxis an Transparenz. Dies beträfe vor allem den Umgang mit sogenanntem Graustrom, im Stromhandel gehandelter elektrischer Energie unbekannter Herkunft. Dadurch werde eine genaue Aufschlüsselung der tatsächlichen prozentualen Anteile fast unmöglich. Dies gelte auch für die gesetzlich vorgeschriebene Angabe der bundesweiten Durchschnittswerte, die dem Verbraucher einen Vergleich ermöglichen und umweltbewusste Kunden eventuell zu einem Stromanbieterwechsel motivieren soll. In diesem Zusammenhang wird häufig auch von Greenwashing gesprochen, einer PR-Praxis, die darauf zielt, einem Unternehmen ein umweltfreundliches und nachhaltiges Image zu geben, ohne dass dies der Realität entspricht.

Strommix Stromzähler

Strommix deutschlandweit – Brutto und Netto

Wie bereits eingangs erwähnt, befinden sich die regenerativen Energien unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Das gilt natürlich sowohl für ihren Anteil an der Brutto- als auch als an der Nettostromerzeugung. Während Erstere die gesamte, in Deutschland erzeugte elektrische Energie umfasst, wird bei Letzterer der Eigenverbrauch der Industrie zur Stromgewinnung als auch die internen Verluste der Kraftwerke abgezogen. Der Nettostrom sagt uns also, welcher Strommix im Mittel tatsächlich der Öffentlichkeit zur Verfügung steht und aus einer deutschen Steckdose fließt.

Strommix aktuell

Laut Zahlen des Fraunhofer Instituts für solare Energiesysteme (ISE) betrug der Anteil erneuerbarer Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung im 1. Halbjahr 2018 etwa 41 Prozent. Damit machen sie immerhin auch 38 Prozent des Bruttostroms aus. Vergleicht man diese Zahl mit dem Wert von 1990 wird eine erstaunliche Entwicklung deutlich.

Strommix Entwicklung EEG-Anteil am Bruttostrom

Herkunft des Stromes I – Nach Region

In der Stromerzeugung zeigen sich deutliche regionale Unterschiede. So findet man Steinkohle in den traditionellen Revieren an Ruhr und Saar. Der Abbau von Braunkohle als bedeutendstem inländischen fossilen Energieträger konzentriert sich vor allem auf das Rheinland sowie auf Mitteldeutschland und die Lausitz. Die Stromerzeugung aus Kernkraft erfolgt dagegen ausschließlich in den alten Bundesländern. Unter den erneuerbaren Energien konzentriert sich die Windkraftgewinnung aufgrund der günstigen geographischen Gegebenheiten vor allem auf die Nordhälfte Deutschlands, während im Süden Wasserkraft führend ist. Nach Zahlen des Umweltbundesamts setzen insbesondere Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen-Anhalt in ihrem Netto-Strommix auf erneuerbare Energien. Das Schlusslicht bildet, lässt man die Stadtstaaten außer Acht, Nordrhein-Westfalen. Dort wurde nur gut ein Zehntel des gesamten Stromes aus regenerativen Ressourcen gewonnen.

Herkunft des Stromes II – Nach Energieträger

Hier wird der Strukturwandel im Zuge der Energiewende natürlich besonders deutlich. Machten Braun- und Steinkohle sowie Kernenergie 1990 noch über 80 Prozent der Stromerzeugung aus, sind es heute nur noch knapp 50. Der Anteil erneuerbarer Energien hat sich dagegen seit dieser Zeit mehr als verzehnfacht. Es dominieren Sonnenenergie sowie Wind- und Wasserkraft, die gemeinsam mehr als drei Viertel der durch regenerative Energien erzeugten Strommenge ausmachen. Vor allem die Windenergie, die Entstehung immer neuer Windparks, on und offshore, hat maßgeblich zum steten Wachstum der Erneuerbaren beigetragen, sodass sich für das erste Halbjahr 2018 folgendes Bild für den Netto-Strommix in Deutschland ergibt:

Strommix EEG-Anteil Nettostrom Diagramm

Die relative Änderung der Nettostromerzeugung vom Halbjahr 1/2017 auf das Halbjahr 1/2018 unterstreicht außerdem die deutliche Tendenz weg von fossilen Energieträgern hin zu Wind- und Sonnenenergie:

Strommix Relative Änderung EEG-Anteil am Nettostrom

Die Windenergie entwickelt sich weiter zur zweitstärksten Energiequelle nach der Braunkohle. Diese konnte durch die erhöhte Flexibilität ihrer Produktionsstätten Steinkohle- und Gaskraftwerke weiter unter Druck setzen und aus dem Markt drängen. Die gestiegene Produktivität der Kernenergie lässt sich durch kürzere Zeiten für Wartungs- bzw. Reparaturarbeiten sowie Brennelementwechsel begründen.

Herkunft des Stromes III – Nach Anbieter

Sind die den obigen Diagrammen zu Grunde liegenden Zahlen noch transparent, wird es bei den direkt von den Versorgern bezogenen Angaben deutlich komplizierter. Um zu wissen, was tatsächlich aus Ihrer Steckdose fließt, empfiehlt es sich zwischen den Zeilen zu lesen. Anbieter müssen – oder besser gesagt: dürfen – nämlich nachträglich bis zu 45 Prozent nach dem EEG geförderten Strom aus regenerativen Quellen in ihre Kennzeichnung aufnehmen. Die Krux an der Sache: die Versorger kaufen diesen Strom gar nicht für ihre Kunden ein.

Für Fachleute handelt es sich hier um ein gesetzlich gestütztes Greenwashing par excellence und eine Irreführung des Verbrauchers. LichtBlick, nach eigenen Angaben Deutschlands größter unabhängiger Anbieter für Ökostrom, gab eine Studie zur tatsächlichen Zusammensetzung des Strommixes in Auftrag. Dabei wurden 50 große Versorger untersucht. Mit besorgniserregenden Ergebnissen.

Ein genauerer Blick auf die vier größten deutschen Stromversorger, die sich 2016 für über 75 Prozent der Nettostromerzeugung Deutschlands verantwortlich zeichneten, soll dies untermauern:

Anbieter Angegebener EEG-Anteil in Prozent Tatsächlicher EEG-Anteil in Prozent Differenz
E.ON 48,5 7,4 41,1
RWE/Innogy 40,9 3 37,9
EnBW 48,4 5,7 42,7
Vattenfall 50,4 17,1 33,3

Die Diskrepanz zwischen Angabe und Realität ist erschreckend. Und gilt für (fast) jeden der 50 Versorger.

Tipp: Ist Ihr Versorger in der Studie nicht mit aufgeführt, können Sie seinen wahren EEG-Stromanteil ganz leicht in 4 Schritten berechnen.

So berechnen Sie den tatsächlichen EEG-Stromanteil Ihres Versorgers

Gehen Sie dazu einfach folgendermaßen vor:

  1. Entnehmen Sie zuerst der Abrechnung Ihres Anbieters den Wert für die „Sonstigen Erneuerbaren Energien.“
  2. Subtrahieren Sie dann den Wert „Erneuerbare Energien, gefördert nach
    dem Erneuerbare-Energien-Gesetz“ von 100.
  3. Teilen Sie 1. durch 2.
  4. Multiplizieren Sie Ihr Ergebnis nun mit 100.

Ein Beispiel zur abschließenden Untermalung: Grundlage bilden die Zahlen der Stadtwerke Aue für das Jahr 2016.

  1. Wert für „Sonstige Erneuerbare Energien“ = 0,7
  2. 100 – 45,3 (=“Erneuerbare Energien, gefördert nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz“)  = 54,7
  3. 0,7: 54,7 = 0,0128
  4. 0,0128 x 100 = 1,28

Der tatsächliche Anteil des eingekauften Ökostromanteils am Strommix des Anbieters liegt hier also bei verschwindend geringen 1,28%. Auf dem deutschen Strommarkt ist folglich – trotz gesetzlicher Förderung – längst nicht alles Gold, was glänzt.

Worauf sollten Sie achten

Grundsätzlich gilt natürlich: Was aus der Steckdose kommt, ist für alle Kunden gleich, da alle Erzeuger ihren Strom in dasselbe Netz speisen. Und obwohl die Tendenz mittlerweile leicht rückläufig ist, bietet der Umstieg auf Ökostrom dem Verbraucher die Möglichkeit einen unmittelbaren Beitrag zur Energiewende zu leisten, da damit die Produktion erneuerbarer Energien und deren Anteil am Strommix erhöht wird. Die Rechnung ist also ganz einfach: Je mehr Naturstrom verbraucht wird, desto mehr wird davon ins Netz gespeist.

Wie „öko“ ist Ökostrom wirklich?

Grüner Strom wird inzwischen auch von fast allen Energieunternehmen angeboten. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, denn nicht überall, wo „Öko“ draufsteht, ist es – wie mittlerweile deutlich geworden sein sollte – auch tatsächlich drin. Wer also zu einem Ökostrom-Anbieter wechseln will, sollte sich deshalb auf jeden Fall über die Herkunft des dann von ihm eingekauften Strommixes informieren. Dafür gibt es beispielsweise Herkunftsnachweise der Versorger. Jedoch warnt das Umweltbundesamt davor, dass auch diese keine hundertprozentige Garantie für den genauen Ursprung des Stromes geben können und gegebenenfalls nur eingekauft wurden. Auch sagen sie wenig über die tatsächliche Qualität des Ökostroms aus.

Strommix Ökostrom Gütesiegel

Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie sich deshalb nach einem Tarif mit Gütesiegel umsehen. Diese wurden eingeführt, um dem gestiegenen Wettbewerb am Ökostrommarkt Herr zu werden und diesen gleichzeitig transparenter zu gestalten. Die bekanntesten und renommiertesten sind die von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen anerkannten Ökostrom-Gütesiegel

  • ok-power und
  • Grüner Strom-Label sowie
  • das TÜV-Zertifikat.

Nutzt Ihr Versorger eines dieser drei Siegel, so ist er verpflichtet, seinen Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu beziehen.

Ist ein Umstieg aus moralischen Gründen immer empfehlenswert, so können Sie sich über einen der zahlreichen Stromtarifrechner informieren, wie sich ein Anbieterwechsel auf Ihre finanzielle Situation auswirken würde. Beispiele finden Sie hier oder hier. Legen Sie dagegen Wert auf regionales Engagement, lohnt sich eventuell auch ein Blick auf die Tarife Ihrer lokalen Stadtwerke.

Am Ende des Tages bleiben nur drei Tatsachen am Strommarkt unbestritten: der Kunde ist König, der Trend hin zu nachhaltigeren, umweltfreundlicheren Energieträgern ist nicht aufzuhalten und der beste Strom ist der gesparte. Denn er entlastet sowohl Geldbeutel als auch das Klima.

Quellen:
https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/BJNR106610014.html
https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Projektinformation/Erneuerbare_Energien/Faktencheck_Strommix_2017.pdf
https://www.energieverbraucherportal.de/wissenswertes/oekostrom
https://www.energy-charts.de/energy_pie_de.htm
https://www.focus.de/finanzen/recht/verbraucher-interesse-an-oekostrom-hat-nachgelassen_id_8598218.html
https://www.lichtblick.de/presse/news/2018/01/31/deutschlands-dreckige-stromanbieter/
https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Wie-oeko-ist-Oekostrom-wirklich,oekostrom166.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/energiewende-so-klimaschaedlich-ist-ihr-stromanbieter-wirklich-a-1189598.html
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/170384/umfrage/umsatz-der-groessten-energieversorger-in-deutschland/
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/186645/umfrage/anteil-der-groessten-stromerzeuger-an-der-stromerzeugung-in-deutschland/
https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/verhindern-herkunftsnachweise-greenwashing
https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/erneuerbare-energien-in-zahlen
https://de.wikipedia.org/wiki/Stromkennzeichnung

Über unseren Autor
Mirko Kreißig ist Online-Redakteur bei Wiado. Als studierter Anglist hat er nicht nur ein Faible für Sprachen, sondern auch für Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz. Auch in schlechten Zeiten versucht er sich sein Credo „Always look on the bright side of life“ zu bewahren und die Leser mit einem Lächeln sicher durch die kleinen und großen Tücken des Alltags zu lotsen.
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Mirko Kreißig ist Online-Redakteur bei Wiado. Als studierter Anglist hat er nicht nur ein Faible für Sprachen, sondern auch für Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz. Auch in schlechten Zeiten versucht er sich sein Credo „Always look on the bright side of life“ zu bewahren und die Leser mit einem Lächeln sicher durch die kleinen und großen Tücken des Alltags zu lotsen.
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