Schnuller abgewöhnen: so gelingt der Abschied vom Nuckel

Babys und Kleinkinder nutzen den Schnuller zur Beruhigung oder zum Einschlafen. Doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem sich das Kind vom geliebten Gefährden trennen muss. Das fällt einigen Kindern gar nicht so leicht. Hier ist die Ausdauer und Ruhe der Eltern gefragt. Wie Sie Ihr Kind bei dieser ersten, für sie, schmerzlichen Trennung unterstützen können und worauf Sie besser verzichten sollten, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

Schnuller abgewöhnen

Man schaut in ein niedliches, schlafendes Babygesicht, in dessen Mitte ein buntes Schnullerchen im Takt des Saugens hin und her wackelt. Einfach süß! Doch was uns bei einem Baby ein Schmunzeln entlockt, erzeugt bei einem Kleinkind eher Stirnrunzeln. Was? Immer noch ein Schnuller? Fehlt dem Kind was? Doch warum sollte man einem (Klein)Kind den Schnuller abgewöhnen und wie? Mehr zu diesem Thema erfahren Sie im folgenden Text.

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Warum gibt es den Saugreflex?

Können Sie sich daran erinnern, wann Sie Ihr Kind zum ersten Mal haben saugen sehen? Bei mir war es während einer Ultraschalluntersuchung, als ich das Kleine in einer unscharfen Schwarz-Weiß-Aufnahme am Daumen nuckeln sah. Es war bewegend. Und ich überlegte, wofür dies eigentlich gut war…

Es lernt…

  • Suchbewegung
  • Mundöffnung finden
  • Saugbewegung
  • Schluckbewegung
  • Nuckeln beruhigt
  • nuckeln befriedigt

Kurz um, das Kind übt, um nach der Geburt zu überleben. Denn dies alles sind Voraussetzungen, die es für seine Nahrungsaufnahme benötigt: Das Suchen der Brust, das Saugen an der Brustwarze, das Schlucken der Milchnahrung. Und diesen Saugreflex behält das Baby bis weit in das erste Lebensjahr hinein.

Die Befriedigung des Saugbedürfnisses

Nun ist das Saugbedürfnis eines Babys individuell verschieden. Manche Babys sind durch das Saugen an der Brust schon befriedigt. Manche Babys fügen nach der Mahlzeit noch ein paar beruhigende Nuckel-Minuten an, um friedlich einschlafen zu können. Und manche Babys benötigen sogar noch während des Schlafes ihr Nuckeln und Saugen. Nun gibt es vier Möglichkeiten, auf dieses starke Bedürfnis zu reagieren:

  1. Das Baby wird noch öfter an die Brust gelegt, obwohl es keinen Hunger hat (vorzugsweise dann an die leergetrunkene Seite)
  2. Es bekommt einen Schnuller, wenn sich das Stillen etabliert hat (Saugtechnik zwischen Schnuller und Brust unterscheidet sich sehr)
  3. Das Baby findet seinen Daumen und kann immer, wenn ihm danach ist, saugen und nuckeln so viel es möchte
  4. Das Saugbedürfnis des Babys wird ignoriert, es kommt (unter anderem) zu langen Schreiphasen und zerstörtem Urvertrauen

Die Funktionen des Saugens

Das Beherrschen des Saugens und die Möglichkeit dazu ist für Babys also essenziell. Ohne diese Fähigkeit hätte es nachhaltige Probleme:

Schnuller abgewöhnen

Außerdem unterstützt das Kind mit seinem intensiven Saugen die Sauerstoffzufuhr für sein arbeitendes Gehirn (ähnlich Kaugummikauen beim Schreiben von Klassenarbeiten) und regt zusätzlich noch den Speichelfluss an (= Kariesprophylaxe). Doch wenn das Saugen am Schnuller nun so viele Vorteile hat, wieso sollte man den Nuckel abgewöhnen?

Nachteile eines Schnullers:

Weil ein zu langer Gebrauch des Schnullers auch Nachteile haben kann.

  • Kieferform und damit Zahnstellung wird negativ beeinflusst
  • Sprachentwicklung des Kindes wird gebremst

Eine Entwicklungsaufgabe für jedes Kind ist, den Gebrauch des Schnullers durch „reifere“ und zielgerichtetere Handlungen abzulösen. Das wäre zum Beispiel sprechen statt sich frustriert einzunuckeln, feste Nahrung zu sich nehmen statt Flüssigkeiten zu saugen, Bewegung zum Stressabbau statt nuckeln, Singen oder Kuscheln zur Beruhigung.

Zeitpunkt der Abgewöhnung

Eher ist hier sicher besser als später. Doch Experten empfehlen, den Schnuller spätestens um das vollendete dritte Lebensjahr abzugewöhnen. Die Kieferentwicklung ist bei weitem noch nicht abgeschlossen, doch das zukünftige bleibende Gebiss soll sich ohne negative Einwirkungen herausbilden. Die Sprachentwicklung ist so weit vorangeschritten, dass das Kind seine Bedürfnisse in Worte fassen kann (müde, Hunger…). Außerdem ist das Kind vom Verständnis her in dem Alter soweit, dass es Erklärungen folgen kann und fähig ist zu Kooperation und Verhandlung. Das ist eine wichtige Voraussetzung für den Schnuller- Entzug.

Voraussetzungen für Schnuller-Entzug

  • Plan zurechtlegen (Wie und wann)

Achtung! Es sollten keine zusätzlichen Belastungen anstehen wie Urlaub, Umzug oder die Geburt eines Geschwisterkindes.

  • als Eltern ruhig und gelassen aber vor allem konsequent bleiben
  • Schnuller-Zeit schon im Vorfeld begrenzen (zum Beispiel nur noch zum Nachtschlaf)
  • Kind loben, wenn es Zeiten ohne Schnuller durchgehalten hat (schon vor dem Entwöhnen)
  • betonen, wie groß das Kind jetzt schon geworden ist, es kann ja schon Sandmann schauen, leckeres Schnitzel essen oder darf schon allein auf dem Karussell sitzen – dies alles dürfen Babys noch nicht
  • Schnuller-Ersatz zum Kuscheln bereithalten (Plüschtier, Stoffpuppe, Schmusetuch)

Schnuller abgewöhnen: Methoden

Schnuller abgewöhnen

Das Schlechteste ist sicher das Wegwerfen des Schnullers. Damit wird der Schnuller nicht wertgeschätzt und dem Kind fällt dieser Schritt schwer, weil der Schnuller ja bisher zu ihnen gehört hat. Besser wären Ideen wie:

  1. Den Nuckel der Schnuller-Fee mitgeben im Tausch für begehrtes Spielzeug.
  2. Den Nuckel an einen Schnuller-Baum hängen, den kann man auch jederzeit besuchen.
  3. Den Schnuller mit einem Paket versenden an Bedürftige – Nuckel weit weg und weitergenutzt.
  4. Den Nuckel weitergeben oder verschenken an kleinere Kinder – die sind noch so klein und brauchen den Schnuller jetzt schließlich dringender.
  5. Ein Tauschgeschäft Schnuller gegen begehrtes Spielzeug oder aufregendes Erlebnis – beides natürlich nur für große „schnullerfreie“ Kinder geeignet.
  6. Ein Buch mit Geschichte als „Vorbild“ immer wieder vorlesen/anschauen (Thema: „endlich“ schnullerfrei).
  7. Den Nuckel bei Kinderarzt/Weihnachtsmann abgeben, wenn Kind genau diesen Menschen eine Freude bereiten will.
  8. Ein Schnuller-Fest feiern – Abschied wird gebührend zelebriert.

Für mein Dafürhalten sind Dinge wie ein Loch in den Gummi stechen (Kind zieht Luft = unangenehm) oder schlecht schmeckende Substanzen auf den Schnuller streichen (Ekel vor Schnuller) nicht geeignet. Dies würde massiven Frust beim Kind auslösen. Vielleicht geht es zu „unguten“ Ersatzhandlungen über wie Daumennuckeln oder wieder eine Nachtflasche trinken, wenn es zum Abgewöhnen des Nuckels noch nicht wirklich bereit ist. Auf jeden Fall wird das Kind so nicht auf seine Reise zum „Großwerden“ mitgenommen. Und das endlich schnullerfreie Leben sollte doch, genau wie Zahnwechsel oder Zuckertüte, etwas Schönes sein.

Nun wünsche ich viel Kreativität und Ausdauer für die Entwöhnungszeit vom Schnuller. Oder ein Kind, das seinen Schnuller freiwillig ablegt oder nur noch in der Hand hält – die gibt es nämlich auch.

Quellen:
https://medlexi.de/Saugreflex
https://www.elternwissen.com/erziehung-entwicklung/erziehung-tipps/art/tipp/schnuller-abgewoehnen.html
https://www.familie.de/kind/schnuller-abgewoehnen-leicht-gemacht-510871.html
https://www.eltern-aktuell.de/schnuller-abgewoehnen-tipps-entwoehnung/
https://www.netpapa.de/kinder/kleinkind/schnuller-abgewoehnen.html
https://www.gofeminin.de/baby/schnuller-abgewohnen-s2966539.html

Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme
Wanda Unger ist Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme. Seit vielen Jahren begleitet sie junge Familien durch die Zeit der Schwangerschaft bis zum 1. Lebensjahr ihrer Babys. Für unser Portal schreibt sie Fachtexte rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Babypflege. Als Mutter und Hebamme ist es ihr wichtig, den Familien den Start in den Alltag mit dem neuen Familienmitglied zu erleichtern.
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Wanda Unger ist Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme. Seit vielen Jahren begleitet sie junge Familien durch die Zeit der Schwangerschaft bis zum 1. Lebensjahr ihrer Babys. Für unser Portal schreibt sie Fachtexte rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Babypflege. Als Mutter und Hebamme ist es ihr wichtig, den Familien den Start in den Alltag mit dem neuen Familienmitglied zu erleichtern.
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