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Immer wieder beschäftigt Genießer die Frage, ob Rhabarber zu den Obst- oder Gemüsesorten gehört. In den USA wurde dies per Gesetz zugunsten der Obst-Zugehörigkeit entschieden. Botanisch jedoch zählt die krautige Rhabarberpflanze zu den nelkenartigen Knöterichgewächsen. Damit besteht eine Verwandtschaft beispielsweise mit Buchweizen und Sauerampfer, die eher für einen Gemüse-Charakter spricht. Unabhängig davon, ob Rhabarbergemüse oder -obst: Seine Ernte beginnt im April und gilt als verlässliches Zeichen dafür, dass der Frühling die kalte Jahreszeit endgültig abgelöst hat. Aber, wie lange darf man die säuerlich süßen Stangen ernten? Wann endet die Zeit für Rhabarberernte?
Kirschen rot, Rhabarber tot
Traditionell findet die Ernte der Rhabarberstängel bis zum Johannistag, dem 24. Juni, statt. Seit jeher ist dieser Tag, der das Ende der Schafskälte markiert, in der Landwirtschaft von hoher Bedeutung. Ab hier
- sinkt das Frostrisiko für die nächsten Monate auf ein Minimum
- regional finden der Johannisschnitt für das Heu sowie rituelle Johannisfeuer statt
- beginnt die Erntezeit für Feldfrüchte
- endet die Spargelsaison, weswegen der Johannistag auch Spargelsilvester genannt wird
Warum aber schließt der 24. Juni ebenfalls die Rhabarberernte ab?
Natürlich steht dahinter die Symbolkraft des christlichen Feiertages, an dem die Geburt Johannes des Täufers gefeiert wird. Beeinflusst ist sie von der drei Tage früheren Sommersonnenwende. Viele Sinnsprüche und Bauernregeln sind mit dem Johannistag verbunden. Darunter wohl auch manche, die den Termin für das Ende der Rhabarberzeit im Gedächtnis halten sollen. Es gibt aber auch ganz handfeste Gründe, warum Rhabarber nach dem Juni nicht mehr geerntet werden sollte.
Beginn einer regenerativen Wachstumsphase im Sommer
Ab etwa Ende Juni beginnt für die mehrjährige Rhabarberpflanze eine weitere Zeit des Wachstums, der sogenannte Johannistrieb. Der Rhabarber regeneriert sich. Wer die Ernte jetzt dennoch fortsetzt, riskiert, dass sich die Pflanze bis zum kommenden Jahr nicht erholen kann. Schlimmstenfalls bleibt das Wachstum neuer, ebenso kräftiger wie schmackhafter Rhabarberstängel aus. Obendrein lohnt sich die Rhabarberernte während oder nach diesem zweiten Wachstumsschub des Jahres nicht. In seinem Verlauf bilden sich nämlich verstärkt Faserstoffe, die den Rhabarber zunehmend holzig werden lassen.
Zunahme des Oxalsäure-Gehalts
Zu den Inhaltsstoffen des Rhabarbers zählen neben rund 95 Prozent Wasser zahlreiche wertvolle Bestandteile wie
- Mineralstoffe
- Spurenelemente
- Vitamine, insbesondere Vitamin C
Für den säuerlichen Geschmack sind im Wesentlichen die Fruchtsäuren Apfel- und Zitronensäure verantwortlich. Wie zahlreiche andere Gemüsesorten enthält der Rhabarber aber auch den kritischen Stoff Oxalsäure.
In höherer Konzentration wirkt sie giftig. Die essbaren Stängel des Rhabarbers enthalten je nach Sorte pro kg jedoch weniger als 100 bis knapp über 500 mg Oxalsäure. Gesunden, erwachsenen Menschen ist es nahezu unmöglich, ausreichend große Mengen an essbaren Rhabarberstängeln zu verzehren, um eine giftige Wirkung zu erreichen.
Anders sieht es bei den Rhabarberblättern aus. Sie enthalten sehr viel mehr Oxalsäure und dürfen nicht gegessen werden. Mit der zweiten Wachstumsphase, die um den Johannistag beginnt, steigt allerdings auch der Oxalsäuregehalt in den Stängeln. Es wird ab diesem Zeitpunkt also immer wahrscheinlicher, dass der Genuss von Rhabarber mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden sein kann.
Tipp: Starten Sie die Rhabarbersaison möglichst früh. Je jünger die Stängel sind, desto weniger Oxalsäure enthalten sie.
Wer muss beim Rhabarbergenuss besonders aufpassen?
Eine Wirkung von Oxalsäure ist, dass sie mit Calcium eine Verbindung eingeht und so zu Calciumoxalat wird. Geschieht dies im Organismus, kann das die Entstehung von Nierensteinen fördern. Menschen mit Nierenproblemen oder der Veranlagung dazu sowie Gicht- und Gallen-Patienten sollten also insbesondere Rhabarber meiden, dessen Ernte zu einem späteren Zeitpunkt stattfand. Aber auch Kinder und Schwangere sollten vorsichtig im Umgang mit dem säuerlichen Gemüse sein.
Wie streng muss man sich an das Ende der Ernte am 24. Juni halten?
Was allerdings die Regenerationsphase ebenso wie den steigenden Oxalsäuregehalt der Pflanzen betrifft, braucht der 24. Juni nicht als verbindlich angesehen werden. Auch einige Tage später spricht prinzipiell nichts gegen eine Fortsetzung der Ernte. Bis Ende Juni sollten Sie sie jedoch im Interesse der Pflanzen sowie der eigenen Gesundheit die Rhabarberernte abgeschlossen haben.
So vermindern Sie den Oxalsäuregehalt
Bis dahin steht bei Verträglichkeit dem Genuss von Rhabarber nichts im Wege. Es gibt sogar einige Tricks, mit denen sie den Oxalsäuregehalt verringern können:
- Schälen Sie die Stängel und entfernen Sie die oberen hellen Teile.
- Durch das Überbrühen des Rhabarbers mit siedendem Wasser reduzieren Sie den Oxalsäuregehalt zusätzlich. Allerdings gehen beim Abschütten auch viele wasserlösliche Vitamine verloren.
- Verarbeiten Sie oxalsäurehaltiges Gemüse gemeinsam mit Milch beziehungsweise Milchprodukten. So entsteht bereits vor der Zufuhr Calciumoxalat, das vom Organismus nicht aufgenommen wird.
Tipp: Grüne Rhabarber-Sorten mit grünem Fleisch haben einen erhöhten Anteil an Säure. Je rötlicher Schale und Fleisch der Rhabarberstangen sind, desto milder und süßlicher werden sie.
Quellen:
https://www.lebensmittelwissen.de/tipps/faq/rhabarber-nach-juni-ernten.php
https://www.lebensmittelwissen.de/lexikon/o/oxalsaeure.php
https://www.springlane.de/magazin/rhabarber-zubereiten/
https://www.ernaehrungsberatung.rlp.de/Internet/global/themen.nsf/0/f7856afcccd4af0ec1256f9a004ad089?OpenDocument
https://www.srf.ch/sendungen/einstein/einstein/wieso-darf-man-rhabarber-nur-bis-mitte-juni-ernten