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Allerdings beginnen dabei die Schwierigkeiten bereits bei der Definition. Daneben gibt es mit steigendem Einkommen und Vermögen eine nachvollziehbare, abnehmende Auskunfsbereitschaft der Betroffenen über ihre tatsächlichen Vermögensverhältnisse. Die Datengrundlage für eine statistische Auswertung ist deshalb sehr mangelhaft. Und auch die eingangs evozierten Bilder assoziieren Reichtum in der Öffentlichkeit vor allem mit außerordentlichem Vermögen. Grundsätzlich wird hier zwischen zwei Arten von Reichtum unterschieden:
- Vermögensreichtum
- Einkommensreichtum
Aber Vermögen, so räumen sogar führende Wirtschaftsmagazine ein, sind oftmals nur Schätzwerte. In diesem Beitrag soll es deshalb weniger um Vermögensreichtum, also die absolute Höhe des Vermögens, sondern um Einkommensreichtum gehen, da die Verdienst- oder Lohnzahlen, auch durch den Vergleich zu anderen Gehältern, belastbarer sind. Zu beachten ist außerdem, dass es nichtsdestotrotz einen engen Zusammenhang zwischen beiden Formen gibt. So kann einerseits Einkommen zu Vermögen (etwa durch Sparen) und andererseits auch Vermögen zu Einkommen (z.B. Zinseinnahmen) führen.
Vermögensreichtum
Unter diesem Begriff wird, wie bereits erwähnt, die Summe des gesamten Geldvermögens eines Haushalts bzw. einer Person zusammengefasst. Da diese Werte oft jedoch nur auf Annahmen und Schätzungen basieren und sich auch keine einheitlichen Schwellen hinsichtlich deren Höhe durchgesetzt hat, ist er als Richtwert eher ungeeignet. In den meisten Studien wird allerdings die magische Million als Grenzwert gesetzt. Wer also mehr als 1 Million Euro Barvermögen besitzt gilt landläufig als reich. Nur lässt sich das eben schwerlich überprüfen. Deshalb hat sich aufgrund höherer Aussagekraft und Transparenz der Einkommensreichtum als Maßstab für die Grenze zwischen Mittel- und Oberschicht, Wohlstand und Reichtum, durchgesetzt. Eine abschließende interessante Ergänzung zum Vermögensreichtum sei allerdings noch erlaubt. Laut dem 5. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2017 gaben zwei Drittel von 150 befragten Hochvermögenden an, dass Schenkungen und Erbschaften ein relevanter Grund für ihren Vermögensreichtum seien.
Einkommensreichtum
Beim Einkommensreichtum wird in der Regel die Relation zum Durchschnittseinkommen in Deutschland als Maßstab angesetzt. Dieser setzt sich grob aus drei Einkommensquellen zusammen:
- Erwerbseinkommen: Einkommen aus Erwerbsarbeit
- Vermögenseinkommen: Zinsen und Renditen
- Transfereinkommen: staatliche und private Transferzahlungen
Als einkommensreich gelten Personen jenseits der Reichtumsgrenze. Diese wird überschritten, wenn sie mehr als das Doppelte des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung verdienen.
- Median: der mittlere Wert, über dem bzw. unter dem jeweils die Hälfte der Werte liegt
Achtung: Der Median ist nicht zu verwechseln mit dem Durchschnittswert. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen eines deutschen Arbeitnehmers betrug 2017 1.893 Euro.
- Äquivalenzeinkommen (oder auch bedarfsgewichtetes Einkommen): ergibt sich aus dem Gesamteinkommen eines Haushalts sowie der Anzahl und dem Alter, der von ihm lebenden Personen; Gewichtung der Einkommen nach Haushaltsgröße und Zusammensetzung mithilfe einer Äquivalenzskala; ermöglicht transparenteren Vergleich unterschiedlicher Haushaltsgrößen
Ab wann gilt man in Deutschland als (einkommens)reich?
Laut Zahlen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung betrug im Jahr 2016 das mittlere Nettomonatseinkommen für
- Alleinstehende 1.615 Euro
- Familien (zwei Erwachsene und zwei Kinder unter 14) 3.392 Euro
Um die Schwelle zum Reichtum zu überschreiten und folglich als (einkommens)reich gelten zu können, liegt das Mindesteinkommen in Deutschland für
- Alleinstehende bei 3.230 Euro
- Familien bei 6.783 Euro
Seit 2005 stiegen beide Werte fast parallel um je etwa ein Drittel an.
Reichtum in Deutschland – Ein Bild
Die Zahl der einkommensreichen Personen ist seit den frühen 1990er Jahren relativ zur Gesamtbevölkerung stark angestiegen. Übertrafen 1991 noch nur 5,6 Prozent die Reichtumsschwelle, waren es 20 Jahre später schon 8,1 Prozent. Und bei den als sehr einkommensreich Geltenden, die das Dreifache des Medians verdienen, kam es sogar zu einer Verdopplung von 0,9 Prozent auf 1,9 Prozent. Ein genauerer Blick auf die absoluten Zahlen lässt uns dabei eine Polarisierung innerhalb der reichen Bevölkerung erkennen. Während das jährliche Nettoeinkommen der Einkommensreichen über den Zeitraum von 1991-2011 nämlich recht stabil bei etwa 40.000 Euro liegt, haben die sehr Einkommensreichen ein Plus von über 10.000 Euro auf knapp 70.000 zu verzeichnen.
Region, Alter, Geschlecht und Bildung als Indikatoren für Reichtum
Wirft man einen Blick auf die geografische Verteilung des Reichtums, so wird deutlich, dass auch über 20 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch ein starkes Ost-West-Gefälle herrscht. So lebt weniger als jeder zehnte Reiche und nicht mal jeder zwanzigste sehr Reiche in den neuen Bundesländern. Die Reichtumsschwelle übertreffen 9,4 Prozent der Haushalte in Westdeutschland, aber nur 3,1 Prozent im Osten. Und dies obwohl es für Ostdeutsche – gemessen an den Zahlen – prinzipiell leichter ist, als reich zu gelten. Hier, beispielsweise in Sachsen-Anhalt oder Mecklenburg-Vorpommern, zählen Familien bereits mit einem Einkommen von etwa 6.000 Euro als einkommensreich. In Bayern oder Baden-Württemberg dagegen liegt der Schwellenwert bei über 7.200 Euro.
Naheliegend ist auch, dass das Alter keinen zu vernachlässigenden Einfluss auf den Reichtum hat. So findet sich vor allem bei den über 50-jährigen eine Konzentration von Vermögen, welches über mehrere Jahrzehnte erarbeitet bzw. angespart wurde. Des Weiteren ist auffällig, dass vor allem Männer als vermögend gelten. Dafür gibt es unterschiedliche Erklärungen, unter anderem tatsächlich geringere Gehaltszahlungen für Frauen. In dieser Hinsicht scheint der Weg zur Gleichberechtigung doch noch ein recht weiter zu sein.
Den Großteil der einkommensreichen Haushalte machen Paare ohne Kinder aus, während Paare mit zwei oder mehr Kindern die kleinste Gruppe der Vermögenden bilden. Bemerkenswert ist außerdem noch der Fakt, dass es nach den Selbständigen und den Hochschulabsolventen bei Personen mit Migrationshintergrund zwar einen vergleichsweise hohen Vermögensreichtum, aber einen relativ niedrigen Einkommensreichtum gibt.
Abschließend wird also deutlich, dass es eine höhere Konzentration bzw. ein überproportionales Ausmaß von Einkommens- und Vermögensreichtum bei Selbständigen, Studierten, Westdeutschen und Männern gibt. Für Personen in Ostdeutschland, Familien und Frauen ist es dagegen schwierig in Deutschland reich zu werden.
Quellen:
https://www.armuts-und-reichtumsbericht.de/SharedDocs/Downloads/Berichte/5-arb-kurzfassung.pdf?__blob=publicationFile&v=4
https://www.boeckler.de/pdf/wsi_vm_reichtumsgrenzen.pdf
https://www.boeckler.de/wsimit_2014_08_spannagel.pdf
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Soziales/Sozialberichterstattung/Glossar/Aequivalenzeinkommen.html
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Soziales/Sozialberichterstattung/Glossar/Einkommensreichtumquote.html
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.440847.de/diw_sp0640.pdf
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/messungen-zum-vermoegen-der-reichen-15356491.html
https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/wirtschaft/lohnunterschiede-mit-diesem-einkommen-gehoert-ihr-in-eurem-bundesland-zu-den-oberen-50-prozent_H54665573_476378/
https://www.grin.com/document/104959
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/370558/umfrage/monatliche-nettoloehne-und-gehaelter-je-arbeitnehmer-in-deutschland/
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichtumsgrenze