Plazentainsuffizienz: Was ist das? Was werdende Mütter wissen sollten

Die Plazenta (der Mutterkuchen) versorgt das Kind in der Schwangerschaft mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen. Doch in seltenen Fällen ist die Funktion des Mutterkuchens gestört und damit die Gesundheit des Babys gefährdet. Dies wird als Plazentainsuffizienz bezeichnet. Mehr zu diesem Krankheitsbild und dessen Auswirkungen erfahren Sie im folgenden Artikel.

Plazentainsuffizenz

Meist ist der Körper einer Frau sehr geeignet, um ein Baby heranwachsen zu lassen und gesund zur Welt zu bringen. Das Baby gedeiht in der Schwangerschaft prächtig. Um die 40. SSW wird es dann mit einem Geburtsgewicht von 3000g bis 3500g geboren, oft auch mehr. Manchmal hört man jedoch auch von Babys, die zur Geburt nur 2500g oder weniger auf die Waage brachten, obwohl sie keine Frühgeburten waren. Diese Babys werden als untergewichtig und unterentwickelt (retardiert) bezeichnet und bedürfen einer besonderen Fürsorge und Obacht nach der Geburt. Sie wurden in der Schwangerschaft nicht optimal über ihren Mutterkuchen versorgt, man spricht von einer Plazentainsuffizienz. Was es damit auf sich hat, ob Schwangere die Versorgungsleistung der Plazenta beeinflussen können und welche Risiken noch mit der eingeschränkten Funktion der Plazenta verbunden sind, erfahren Sie hier.

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Was ist Plazentainsuffizienz?

Plazentainsuffizienz setzt sich zusammen aus den Wörtern Plazenta = Mutterkuchen und Insuffizienz = mangelnde/eingeschränkte Funktion. Die Funktion der Plazenta ist hauptsächlich die Versorgung des heranwachsenden Kindes im Bauch der Mutter. Dafür ist eine gute Durchblutung (Perfusion) sowie ein optimaler Austausch der Stoffwechselprodukte (Diffusion) notwendig. Wenn diese Funktionen eingeschränkt sind, wird das Baby nicht mehr optimal mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Das (Über)Leben des Kindes ist ab diesem Zeitpunkt gefährdet.

Folgen für die Mutter

  • Lebensgefahr durch Blutverlust
  • Häufige Kontrolltermine
  • Psychische Belastung
  • Stationäre Überwachung
  • Hohes Kaiserschnittrisiko (und dessen Risiken)

Folgen für das Kind

  • Intrauterine Retardierung (IUR) – krankhafte Verzögerung des kindlichen Wachstums während der Schwangerschaft
  • Frühgeburt (< 37. Schwangerschaftswoche)
  • Intrauteriner Fruchttod (IUFT) – Tod des Kindes im Mutterleib in der zweiten Schwangerschaftshälfte
  • Tod des Kindes peripartal (um den Zeitraum der Geburt herum)

Wie entsteht eine Plazentainsuffizienz?

Es gibt zwei Arten von Plazentainsuffizienz:

Schwangere Frau Schmerzen

  1. Akute Plazentainsuffizienz: Die Einschränkung der Versorgung des Kindes als plötzliches Ereignis. Die Sauerstoffversorgung des Kindes wird unterbrochen und das Kind befindet sich zu diesem Zeitpunkt in Lebensgefahr.
  2. Chronische Plazentainsuffizienz: Die Durchblutung der Plazenta ist auf dauerhafte Weise eingeschränkt. Diese Problematik kann verschiedene Ursachen haben, meist ist es eine Kombination mehrerer Faktoren. Das Baby entwickelt sich verzögert durch ein vermindertes/unzureichendes Angebot von Sauerstoff und Nährstoffen. Somit sind das körperliche Wachstum und die Hirnentwicklung betroffen, bis es unter bestimmten Umständen (Mehrbedarf durch z.B. Wachstumsschub, Wehentätigkeit…) auch zu einer lebensgefährlichen Situation für das Kind kommen kann.

Die akute Plazentainsuffizienz

Bei einer akuten Plazentainsuffizienz handelt es sich immer um einen geburtshilflichen Notfall. Sie tritt plötzlich auf und kann schließlich innerhalb weniger Minuten zum Tod des Kindes führen. Um das Leben von Mutter und Kind zu retten, ist die sofortige Entbindung unumgänglich, meist erfolgt dies übrigens in Form eines Not-Kaiserschnittes.

Ursachen der akuten Plazentainsuffizienz

  • Vorzeitige Ablösung der Plazenta (gleich vollständiger Stopp der Versorgung des Kindes und lebensbedrohliche Blutung von Mutter und Kind)
  • Blutung durch Eröffnung von plazentaren Gefäßen z.B. beim Blasensprung, bei Fehlsitz der Plazenta am Muttermund,
  • Nabelschnurkomplikationen (z.B. Zuziehen eines echten Knotens)
  • Wehensturm (lange, kräftige Wehen mit zu kurzen Pausen) oder Dauerkontraktion (Wehe ohne Pause) – Durchblutung der Plazenta bleibt eingeschränkt, Kind kann sich nicht erholen
  • Kreislaufstillstand der Mutter (Unfall oder Erkrankung)
  • Vena-cava-Kompressionssyndrom („Abdrücken“ der Vena cava durch das Gewicht des Uterus in Rückenlage)

Diagnostik

  • Unter der Geburt Erhobene Untersuchungsbefunde
  • Ultraschalluntersuchung
  • CTG-Befunde

Behandlungsmaßnahmen

Die sofortige Entbindung ist die einzige Behandlungsoption. Meist ist dies ein Not-Kaiserschnitt.

Risiko für akute Plazentainsuffizienz mindern

Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen helfen, Risiken zu erkennen und Vorsorgemaßnahmen zu treffen z.B.

  • eine stationäre Aufnahme,
  • gehäufte Ultraschall- und CTG-Kontrollen,
  • medikamentöse Maßnahmen (z.B. Wehenhemmung oder Lungenreifeinduktion beim Kind)

Die chronische Plazentainsuffizienz

Bei einer chronischen Plazentainsuffizienz handelt es sich um ein sich entwickelndes und für eine bestimmte Dauer anhaltendes Ereignis, welches schließlich zu einem mangelentwickelten Kind führt. Je nach Grad der Mangelentwicklung treten beim Kind infolgedessen Wachstumsverzögerung, Entwicklungsverzögerung oder auch der Tod ein. Die chronische Plazentainsuffizienz lässt sich allerdings beeinflussen und die Auswirkungen auf das Kind in einem bestimmten Rahmen kontrollieren. Dazu ist die Behandlung einer ursächlichen Erkrankung, Bettruhe und die Wahl des günstigsten Entbindungszeitraumes notwendig. Dabei sind die Schäden, die das Kind bei Verbleiben im Mutterleib (einschließlich der bestehenden Lebensgefahr) gegen mögliche Schäden, die durch eine Frühgeburt entstehen könnten, gegeneinander abzuwägen.

Plazentainsuffizienz

Ursachen der chronischen Plazentainsuffizienz

  • Erkrankungen der Mutter (Diabetes mellitus, Herzfehler, Bluthochdruck, Nierenerkrankungen…)
  • Schwangerschaftsspezifische Erkrankungen (Gestose, Präeklampsie, Schwangerschafts-Diabetes…)
  • Intrauterine Infektionen (Erreger gelangen über die Plazenta von der Mutter zum Kind)
  • Mangelernährung der Mutter
  • Rauchen
  • Alkohol- und/oder Drogenkonsum
  • Anlagefehler der Plazenta (Gefäßstruktur, Lokalisation…)
  • Fehlbildungen am Uterus (z.B. Myome)
  • Chromosomenstörungen (z.B. Trisomie 21…)

Diagnostik

  • Ultraschall (Biometrie und Doppler)
  • CTG
  • (Registrierung der Kindsbewegungen)

Behandlungsmaßnahmen

Verschiedene Maßnahmen können die Situation wieder verbessern oder eine Verschlechterung aufhalten:

  • Bettruhe (verbessert die Durchblutung in der Gebärmutter)
  • Stressreduktion (vermindert Kontraktionsneigung, da Wehen physiologisch die Durchblutung reduzieren)
  • Behandlung der zugrundeliegenden (Schwangerschafts)Erkrankung
  • Medikamentöse Behandlung (Wehenhemmung, Lungenreifeinduktion)

Risiko für chronische Plazentainsuffizienz mindern

Manche Faktoren, die die Durchblutung der Plazenta reduzieren, können vom Verhalten der Schwangeren beeinflusst werden:

Ernährung Schwangerschaft

  • Gesunde Ernährung – Wenn nicht ausreichend Nährstoffe aufgenommen werden, kann die Plazenta auch nicht ausreichend Nährstoffe weitertransportieren!
  • Vermeidung von:
    • Infektionsquellen (roher Fisch-Listeriose, Katzenkot-Toxoplasmose…)
    • Alkohol, Drogen, Nikotin
    • Stress (Umzug, Partnerkonflikte, Arbeitsbelastung…)
  • Viel Ruhe, ggf. Liegen
  • Entspannungsverfahren (Autogenes Training, Schwangerschaftsyoga…)
  • Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen

Das Auftreten einer Plazentainsuffizienz ist ein schicksalhaftes Ereignis und beruht schließlich auf dem Zusammentreffen mehrerer, meist nicht zu beeinflussender Faktoren. Keinesfalls sollte die Schwangere sich selbst „eine Schuld“ zuweisen. Zur Aufarbeitung solch lebensbelastender Ereignisse sind neben der Unterstützung durch Freunde und Angehörige indes unbedingt Gespräche mit den behandelnden Ärzten, mit den betreuenden Hebammen, mit Psychologen oder auch anderen Betroffen sehr sinnvoll.

Quellen:
Ch.Geist; U.Harder; A.Stiefel; „Hebammenkunde“; Hippokrates Verlag 2007; S.209
https://flexikon.doccheck.com/de/Plazentainsuffizienz
https://www.netdoktor.de/krankheiten/plazentainsuffizienz/
https://flexikon.doccheck.com/de/Intrauteriner_Fruchttod
https://flexikon.doccheck.com/de/Intrauterine_Wachstumsretardierung

Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme
Wanda Unger ist Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme. Seit vielen Jahren begleitet sie junge Familien durch die Zeit der Schwangerschaft bis zum 1. Lebensjahr ihrer Babys. Für unser Portal schreibt sie Fachtexte rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Babypflege. Als Mutter und Hebamme ist es ihr wichtig, den Familien den Start in den Alltag mit dem neuen Familienmitglied zu erleichtern.
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Wanda Unger ist Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme. Seit vielen Jahren begleitet sie junge Familien durch die Zeit der Schwangerschaft bis zum 1. Lebensjahr ihrer Babys. Für unser Portal schreibt sie Fachtexte rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Babypflege. Als Mutter und Hebamme ist es ihr wichtig, den Familien den Start in den Alltag mit dem neuen Familienmitglied zu erleichtern.
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