Nabelschnurblut einlagern oder spenden: Pro und Contra | Kosten

Mit der Geburt Ihres Kindes können Sie auch gleich für dessen Gesundheit vorsorgen. Dabei geht es um die Einlagerung von Nabelschnurblut. Die darin enthaltenen Stammzellen können später, bei einer auftretenden Krankheit wie Multiple Sklerose oder einer Stoffwechselerkrankung eingesetzt werden. Aber auch eine Spende der Stammzellen im Nabelschnurblut ist möglich. Wir zeigen Ihnen die verschiedenen Vor- und Nachteile sowie den Umgang mit Nabelschnurblut auf.

Nabelschnurblut einlagern

Nabelschnurblut ist ein sehr wertvolles und vergängliches Gut. Die darin enthaltenen Stammzellen werden zur Behandlung verschiedener Erkrankungen benötigt. Leider werden auch heute noch viele Plazenten mit Nabelschnur und Nabelschnurblutreservoir einfach entsorgt, aus Unkenntnis, aus Zeitmangel oder aus anderen Gründen. Welche Verwendungszwecke für Nabelschnurblut gibt es? Wie verläuft eine Spende und mit welchen Kosten ist diese verbunden? Und ist eine Einlagerung für spätere eigene Erkrankungsfälle überhaupt sinnvoll?

Video-Tipp

Was sind Stammzellen?

Stammzellen sind sozusagen die Ursprungszellen. Sie haben sich noch nicht auf Zelltyp und Funktion festgelegt. Sie sind in der Lage, sich je nach Anforderung zu spezialisierten Zellen weiterzuentwickeln. So können beständig neue Blutzellen, neue Muskelzellen, neue Nervenzellen oder neue Knochenzellen entstehen. Kranke oder abgestorbene Zellen werden auf diese Weise ersetzt.

Aufgaben

Stammzellen übernehmen wichtige Reparatur- und Regenerationsaufgaben im Körper.

Merkmale

  • Teilungsfreudig – Stammzellen können sich selbst erneuern und unzählige Kopien bilden (Replikation).
  • Einzigartig – Sie sind in ihren Gewebemerkmalen so individuell wie Fingerabdrücke.
  • „frisch“ – Sie haben noch keine alters- oder umweltbedingten Schädigungen.
  • Flexibel – Sie können sich in verschieden Richtungen entwickeln und spezialisieren (aufgabenspezifisch)
  • Haltbar – Durch Kryokonservierung sind sie jahrzehntelang haltbar.
  • Geringere Gefahr von Abstoßungsreaktionen bei Fremdtransplantationen

Wo kommen Stammzellen vor?

  • Knochenmark
  • Blut
  • Nabelschnurblut
  • Embryo (laut Embryonenschutzgesetz ist die Gewinnung und Verwendung von Stammzellen aus embryonalem Gewebe in Deutschland verboten)

Stammzellen aus der Nebelschnur

Stammzellen altern mit unserem Organismus gemeinsam und können durch Umwelteinflüsse oder Krankheiten zusätzlich Schaden nehmen. Die Regenerationsleistungen des Körpers nehmen ab. Dies entspricht dem ganz normalen Alterungsprozess eines Menschen. Stammzellen aus dem Nabelschnurblut hingegen werden mit all ihren positiven Eigenschaften in den Kälteschlaf geschickt (Kryokonservierung). Bei etwa -180°C kommen alle Stoffwechselprozesse zum Erliegen. Die Stammzellen altern in dieser Zeit nicht. Sie bleiben jung und teilungsfähig und stehen auch noch im Alter als Therapieoption zur Verfügung.

Stammzellen

Bei welchen Erkrankungen kommt eine Stammzelltherapie zum Einsatz? (Auswahl)

  • Blutbildungsstörungen (Aplastische Anämie….)
  • Krebserkrankungen
    • Leukämie (Blutkrebs)
    • Lymphome (Lymphdrüsenkrebs)
    • Tumorerkrankungen (bösartige Geschwülste)
  • Immundefekte
  • Stoffwechselstörungen

Bei welchen Erkrankungen wird eine Stammzelltherapie zur Zeit erprobt? (Auswahl)

  • Autoimmundefekte (Lupus, Morbus chron, Diabetes mellitus Typ1….)
  • Hirnorganische Funktionsstörungen (Demenz, Schlaganfall, frühkindlicher Hirnschaden….)
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Autismus
  • HIV
  • Leberzirrhose
  • Multiple Sklerose
  • Hörverlust
  • Stoffwechselerkrankungen
  • Traumatische Verletzungen der Wirbelsäule
  • Chronische Wunden
  • Verbrennungen

Was passiert nach der Geburt des Kindes mit Nabelschnur und Plazenta?

Für viele werdende Eltern stellt sich, neben vielen anderen Themen rund um Schwangerschaft Geburt und Stillen die Frage: Nabelschnurblut einlagern oder spenden? Was ist sinnvoll? Folgende vier Optionen stehen zur Auswahl:

1. Entsorgung

Oftmals werden Plazenta und Nabelschnur im Rahmen des normalen Klinikalltags entsorgt. Die Möglichkeit einer Spende ist leider noch nicht hinreichend bekannt, deshalb wird sie seitens der Patienten nicht oft nachgefragt. Damit geht das lebensspendende Blut leider verloren.

Pro: potentiell infektiöses Material wird entsorgt, Zeitersparnis
Contra: Vernichtung wertvoller Stammzellen
Kosten: für die Eltern kostenlos

2. Öffentliche Spende

Nabelschnurblut

Das gespendete Nabelschnurblut wird in öffentlichen Nabelschnurblutbanken gelagert und anonym beim Zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland (ZKRD) in Ulm registriert. Damit steht es Ärzten und Patienten weltweit zur Verfügung. Blutkrebs beispielsweise wird ausschließlich mit körperfremden Stammzellen behandelt, die von den öffentlichen Blutbanken bereitgestellt werden.

Pro: weltweite Verfügbarkeit als Behandlungsoption (Transplantationsmaterial) oder als
Forschungsmaterial
Contra: umfangreiche Formulare wie bei Blutspende, zusätzliche Blutabnahmen bei der Mutter
Kosten: für die Eltern kostenlos

3. Einlagerung für den Eigenbedarf

Leukämie hat überwiegend genetische Ursachen. Da der Blutkrebs also bereits in den Stammzellen genetisch verankert ist, ist eine Behandlung bei dieser Erkrankung mit den eigenen Stammzellen nicht sinnvoll. Allerdings liegen bei den meisten anderen Erkrankungen keine genetischen Ursachen zugrunde, sondern äußere Einflüsse, wie etwa eine ungesunde Lebensweise oder Umweltgifte. Deshalb wären in diesen Fällen eigene Stammzellen für eine Transplantation die erste Wahl.

Pro: Stammzellen jederzeit für den Spender und seine Familienangehörigen verfügbar
Contra: Erkrankungen wie Leukämie sind in den Stammzellen bereits genetisch verankert, deshalb ist eine Transplantation mit den eigenen Stammzellen nicht sinnvoll,
Kosten: monatliche oder jährliche Gebühren fallen an für die Dauer der Einlagerung
Kostenumfang je nach Preisliste der kommerziellen Nabelschnurblutbanken:

  • Einmalgebühr von 1000 Euro – 5000 Euro
  • Jahresgebühr von 50 Euro – 120 Euro

4. Kombinierte Spende

Bei der kombinierten Spende handelt es sich um eine Mischform von Nabelschnurblut einlagern und spenden. Das Blut wird für den Eigenbedarf eingelagert, aber die anonymisierten Daten dieser Spende bleiben nicht privat, sondern werden mit Einverständnis der Eltern an ein öffentliches Spenderregister übermittelt. Im Notfall könnten diese privaten Stammzellen bei Passgenauigkeit auch an fremde Personen zur Therapie abgegeben werden. In diesem Fall würden die Eltern die bis dato angefallenen Einlagerungskosten erstattet bekommen.

Pro: Nützlich für Familie und Allgemeinheit
Contra: Die Eltern müssen unter Umständen die Entscheidung treffen, ob die erkrankte fremde Person/das erkrankte fremde Kind es „wert ist“, das Blut des eigenen Kindes zu erhalten, denn für das eigene Kind steht es in diesem Fall dann nicht mehr zur Verfügung
Kosten: wie bei Eigenblutspende, Rückerstattung bei Verwendung über öffentliches Spendenregister

Wie funktioniert die Nabelschnurblutspende?

Nach der Geburt wird das Baby abgenabelt und versorgt. Der Mutterkuchen und die Nabelschnur sind zu diesem Zeitpunkt noch ungeboren. Die Nabelschnur wird desinfiziert, punktiert und blutleer gestrichen. So werden etwa 200 ml Nabelschnurblut gewonnen. Das Blut wird in einem Blutspenderbeutel gesammelt. Es ist reich an wertvollen blutbildenden Stammzellen. Die Abnahme ist völlig schmerzfrei, da in der Nabelschnur keine Nervenfasern verlaufen. Die Nachgeburtsperiode wird in ihrem Verlauf nicht beeinflusst.

Ausschlusskriterien für eine Nebelschnurblutspende

Nicht möglich ist eine Nebelschnurblutspende, wenn die Eltern ein Auspulsieren der Nabelschnur nach der Geburt und damit eine verzögerte Abnabelung wünschen. Die Nabelschnur ist in diesem Fall nicht mehr mit dem wertvollen Blut angereichert.

Auch bei einem Notkaiserschnitt ist eine Entnahme nicht sinnvoll bis unmöglich, da die Prioritäten hier auf der Rettung von Menschenleben liegen und die rasche Versorgung von Mutter und Kind im Vordergrund stehen.

Auch bei Vorliegen folgender Risiken ist eine Nabelschnurblutspende nicht möglich:

Schwangere Info Nabelschnurblut

sowie

  • Erworbene schwere Infektionskrankheiten (z.B. HIV, Hepatitis)
  • Suchterkrankung der Mutter
  • Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe nach den Richtlinien der Bundesärztekammer

Wie funktioniert die Einlagerung von Nabelschnurblut?

  • Auftragserteilung an Nabelschnurblutspende-Unternehmen
  • Zusendung des Nebelschnurblutspende-Sets nach Hause. Sie nehmen es zur Geburt mit in die Klinik und übergeben es dem Personal.
  • Nach der Abnabelung des Kindes erfolgt die schmerzfreie Entnahme des Nabelschnurblutes aus der Nabelschnur
  • Information des Kurierdienstes durch das Klinikpersonal
  • Abholung des Nabelschnurblutes und Transport in die Nabelschnurblutbank
  • Eingangsuntersuchung (vollständige Papiere, Temperaturkontrolle)
  • Blutgruppenbestimmung des Kindes, Ausschluss einer Kontamination (Keimbesiedlung), Zählung der kernhaltigen (wertvollen) Zellen
  • Abfüllung in Einlagerungsbeutel und Vergabe einer ID-Nummer
  • Kryokonservierung bei -180°C
  • Blut wird im Kryotank in Aluminiumkasseten aufbewahrt
  • Zugriff innerhalb kürzester Zeit ist möglich

Was ist im Rahmen der Nabelschnurblutspende noch möglich?

  • Einlagerung von Nabelschnurgewebe
  • Es steht eine Zusätzliche Menge an Stammzellen zur Verfügung, aber die Aufbereitung ist schwierig, da eine Geburt nicht steril ist und die Nabelschnur erst aufwendig von krankmachenden Erregern befreit werden muss.
  • Vorsorgescreening

Das Nabelschnurblut kann zusätzlich auf folgende Erkrankungen getestet werden:

  • Laktose-Intoleranz
  • Gluten-Intoleranz
  • Antibiotika-Unverträglichkeit
  • AAT-Mangel (Alpha-1-Antitrypsin-Mangel  chronische Lungenerkrankung)

Achtung! Zusatzkosten fallen an

Nabelschnurblutbanken

Wenn Sie sich für eine Spende oder den Eigenbedarf entscheiden stehen Ihnen verschiedene öffentliche und kommerzielle Nabelschnurblutbanken zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie hier.

Nabelschnurblutbanken

Wenn Sie das Nabelschnurblut nach der Geburt Ihres Kindes einlagern oder spenden möchten, wenden Sie sich rechtzeitig an Ihren Frauenarzt oder Ihre Hebamme. Dort erhalten Sie weitere Informationen. Ausführliche Beratungen übernehmen auch die Nabelschnurblutbanken selbst. Auf jeden Fall tuen Sie mit einer Spende etwas Gutes, etwas Sinnvolles, etwas sehr Wertvolles, etwas Lebensrettendes. Danke!

Quellen:
https://www.stammzellspenderdatei.de/nabelschnurblut/nabelschnurblut-spenden
https://flexikon.doccheck.com/de/Stammzelle
https://www.vita34.de/nabelschnurblut/
https://www.nabelschnurblut.de/nabelschnurblutbanken_vergleich.shtml
https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/bundesgesundheitsblatt/1999/1999-haem-stammzellen.pdf?__blob=publicationFile&v=1
https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/institut/jahresberichte/jahresbericht-2001-2002.pdf?__blob=publicationFile&v=3
https://www.gesetze-im-internet.de/stzg/BJNR227700002.html
https://www.praeimplantationsdiagnostik.net/news/technologien-zur-gewinnung-von-stammzellen-07072011.html
https://www.zkrd.de/de/nabelschnurblut/ausschlussgruende_fuer_eine_nabelschnurblutspende.php
https://www.familien-gesundheit.de/vergleich-der-privaten-nabelschnurblutbanken/
Bekanntmachungen des Paul-Ehrlich-Instituts im Bundesanzeiger Veröffentlichung 07.09.2011; Bundesanzeiger Nr. 135; S. 3148

Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme
Wanda Unger ist Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme. Seit vielen Jahren begleitet sie junge Familien durch die Zeit der Schwangerschaft bis zum 1. Lebensjahr ihrer Babys. Für unser Portal schreibt sie Fachtexte rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Babypflege. Als Mutter und Hebamme ist es ihr wichtig, den Familien den Start in den Alltag mit dem neuen Familienmitglied zu erleichtern.
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Wanda Unger ist Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme. Seit vielen Jahren begleitet sie junge Familien durch die Zeit der Schwangerschaft bis zum 1. Lebensjahr ihrer Babys. Für unser Portal schreibt sie Fachtexte rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Babypflege. Als Mutter und Hebamme ist es ihr wichtig, den Familien den Start in den Alltag mit dem neuen Familienmitglied zu erleichtern.
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