Kindersitzpflicht: was gilt in Deutschland, Schweiz & EU-Ausland?

Sicherheit im Straßenverkehr ist das A und O. Auch Kinder müssen sich daranhalten. Da sie jedoch (noch) nicht in der Lage sind, sich selbst zu schützen, obliegt diese Aufgabe den Erwachsenen. Einen Eckpfeiler dabei bildet die Pflicht zum gesicherten Transport des Kindes im Kindersitz. Was dabei im In- und Ausland zu beachten ist, erfahren Sie hier.

Kindersitzpflicht Baby Kindersitz

In diesem Artikel

Deutschland gilt in dieser Hinsicht als Vorbild für die europaweite Regelung. Autourlauber, die sich an die hier geltenden Regeln halten, sind also auch in den meisten anderen Ländern bestens gerüstet. In unseren Nachbarländern besteht demnach auch eine Kindersitzpflicht, die sich – ähnlich wie in Deutschland – an Körpergröße und/oder Alter des Kindes orientiert.

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Rechtslage in Deutschland

Die Kindersitzpflicht in Deutschland wird explizit in § 21 Abs. 1a der Straßenverkehrsordnung (StVO) geregelt. Dort heißt es, dass

  • Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr,
  • die kleiner als 150cm sind,
  • ausschließlich in geeigneten „Rückhalteeinrichtungen“ (= Kindersitzen)

transportiert werden dürfen.

Ein Ausnahmefall besteht laut § 21 Abs. 1a Ziff. 2 StVO nur dann, wenn es aufgrund der Sicherung anderer Kinder in Kindersitzen für weitere Sitzvorrichtungen keinen Platz mehr gäbe. In diesem Fall dürften Kinder ab 3 Jahren auch ohne Kindersitz, aber mit den vorgeschriebenen Sicherheitsgurten, auf der Rückbank gesichert werden.

Auf Fahrrädern dürfen Kinder nur bis zum vollendeten siebten Lebensjahr mitgenommen werden. Dazu ist aber die Nutzung eines „besonderen“ Sitzes für den kleinen Passagier vorgeschrieben, der ihn vor den Speichen schützt. Außersdem muss der Fahrer mindestens schon 16 Jahre alt sein. Unter diesen Voraussetzungen dürfen auch bis zu 2 Kinder in Anhängern transportiert werden.

Tipp: Vergessen Sie dabei zu Ihrem Schutz und dem Ihres Nachwuchses den Helm nicht!

Einen Kindersitz zu kaufen und sein Kind dann während der Fahrt darin zu transportieren ist prinzipiell aber nicht ausreichend. Denn auch bei den Modellen und deren Ausrichtung gibt es Vorschriften, die es zu beachten gilt.

Kindersitzpflicht Modell Ausrichtung Familie

Kindersitzmodelle und ihre richtige Ausrichtung

Im Gesetz ist ausdrücklich von „amtlich genehmigten und geeigneten Rückhalteeinrichtungen“ die Rede. Jeder Kindersitz muss also über eine amtliche Genehmigung verfügen, um im Straßenverkehr zugelassen zu werden. Dies erfolgt über die sogenannte ECE-Regelung. Diese wird wiederum mit einem „R“ und der jeweiligen Regelungskennziffer markiert. Zwei Kennziffern sind laut VwV-StVO (Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung) dabei von besonderer Bedeutung:

„R 44“ – Rückhalteeinrichtungen für Kinder

  • Einordnung in verschiedene Gewichtsklassen
Klasse Körpergewicht in kg Ausrichtung
0+ < 13 nur gegen Fahrtrichtung
I 9 bis 18 in Fahrtrichtung/ entgegengesetzt
II 15 bis 25 in Fahrtrichtung/ entgegengesetzt
III 22 bis 36 nur in Fahrtrichtung

Tipp: Grundsätzlich ist es empfehlenswert für optimale Kindersicherung die Rückbank zu nutzen. Nur in Ausnahmefällen, beispielsweise zur Beobachtung eines Babys, sollte der Beifahrersitz genutzt werden.

  • Einordnung in verschiedene Kategorien
    • Typ „Universal“: Kann auf den meisten Positionen genutzt werden, Sicherung über Erwachsenengurt
    • Typ „Eingeschränkt“: Spezielle Sitzposition, Sicherung über Erwachsenengurt
    • Typ „Semi-universal“: Verwendung mit ISOFIX-Systemen
    • Typ „Spezielles Fahrzeug“: Verwendung in bestimmten Fahrzeugtypen

Achtung: Seit 2008 sind nur noch Kindersitze zulässig, die nach ECE 44/03 oder höher geprüft sind. Sie erkennen das leicht an den ersten zwei Ziffern der achtstelligen Zulassungsnummer auf dem orangefarbenen ECE-Prüfsiegel. Steht dort noch die Nummer mit 01 oder 02, so ist der Sitz veraltet. Bei 03 oder 04 ist der Sitz zulässig.

„R 129“ – Verbesserte Kinderrückhaltesysteme zur Verwendung in Kraftfahrzeugen

Diese, 2013 in Kraft getretene, Norm trägt der Tatsache Rechnung, dass Kind oft sehr viel schneller wachsen als sie zunehmen. Mit der Körpergröße möchte sie Herstellern eine bessere Orientierung bei der Produktion von Kindersitzen liefern. Sitze, die nach dieser Regelung produziert werden, müssen allerdings zwingend über eine ISOFIX-Befestigung verfügen.

Klasse Körpergröße in cm
Q0 ≤ 60
Q1 60 ≤ 75
Q1.5 75 ≤ 87
Q3 87 ≤ 105
Q6 105 ≤ 125
Q10 > 125

Diese Regelung wird mittlerweile von über 60 Ländern umgesetzt und auf lange Sicht die ECE-44 als weltweite Norm ablösen.

Achtung: Bei sogenannten „Babyschalen“, also vor allem Modellen der Klassen 0+ und Q0, die entgegen der Fahrtrichtung auszurichten sind, ist darauf zu achten, dass der Beifahrerairbag deaktiviert wurde. In neueren Fahrzeugen gibt es dafür, oft schon serienmäßig, beispielsweise sogenannte Airbag-Schlüsselschalter. Bei vorwärtsgerichteten Kindersitzen ist dies nicht nötig, aber der Beifahrersitz sollte in die hinterste Position gerückt werden.

Verstöße

Wer gegen obige Richtlinien verstößt, begeht nach § 49 Abs 1 Ziff. 20a eine Ordnungswidrigkeit, was „das Anlegen von Sicherheitgurten, Rollstuhl-Rückhaltesystemen oder Rollstuhlnutzer-Rückhaltesystemen“ betrifft. Solche Verstöße ziehen zwangsläufig ein Verwarngeld bzw. in extremen Fällen sogar ein Bußgeld nach sich.

  • Verwarngeld
    • Fehlender Warnhinweis bei Babyschalen auf dem Beifahrersitz nach § 35 Abs. 1a StVZO (Airbag deaktivieren) 5€
    • Rückwärtsgerichtete Babyschale (Airbag noch aktiv) 25€
    • Kinder im Erwachsenengurt 30€
    • Mehrere Kinder im Erwachsenegurt 35€
  • Bußgeld
    • Kind ungesichert 60€ + 1 Punkt
    • Mehrere Kinder ungesichert 70€ + 1 Punkt

Achtung: Innerorts fuhren 2015 laut Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) über 80 Prozent aller Kinder gesichert mit. Bei Kindern bis zu fünf Jahren lag die Quote sogar bei über 90 Prozent. Jedoch sind über 90 Prozent noch keine 100!

Kindersitzpflicht Statistik Appell

Kindersitzpflicht im Ausland

Wie bereits erwähnt, sind Autofahrer im Ausland prinzipiell dann auf der sicheren Seite, wenn Sie sich an die deutschen Regelungen halten. Da die Strafzahlungen bei Verstößen jedoch variieren, ist es empfehlenswert, sich dennoch vor Reiseantritt über etwaige Unterschiede zu informieren. Abschließend also noch ein kurzer Überblick über die geltenden Regelungen in unseren Nachbarländern:

Land Alter Größe in cm Sonstiges
Schweiz 12 150 es gilt ECE 44
Österreich 14 150
Frankreich 10 vorrangig Rückbank, Ausnahmen: bereits mit Kindern belegt, nicht vorhanden, Achtung: Hohes Bußgeld (90€ +)
Niederlande 18 135
Belgien 135 kein Beifahrersitz bis 12 Jahre, wenn Platz auf Rückbank
Italien 150 bei Zulassung außerhalb Italiens gelten die dortigen Bestimmungen
Dänemark 135
Schweden 15 135
Tschechien 150
Polen 12 150
Spanien 12 135 siehe „Sonstiges“ Belgien

Quellen:
https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__21.html
https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__49.html
http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014L0037
https://www.bast.de/BASt_2017/DE/Fahrzeugtechnik/Fachthemen/f2-Kindersicherheit/broschuere.pdf?__blob=publicationFile&v=6
https://www.bussgeldkatalog.org/kindersitzpflicht/
https://www.kindersitztests.com/kindersitzpflicht/
https://de.wikipedia.org/wiki/Kindersitz

Über unseren Autor
Mirko Kreißig ist Online-Redakteur bei Wiado. Als studierter Anglist hat er nicht nur ein Faible für Sprachen, sondern auch für Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz. Auch in schlechten Zeiten versucht er sich sein Credo „Always look on the bright side of life“ zu bewahren und die Leser mit einem Lächeln sicher durch die kleinen und großen Tücken des Alltags zu lotsen.
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