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Laut Zahlen des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bestanden deutschlandweit für das Jahr 2017 insgesamt 84,1 Millionen Lebensversicherungen. Das sind jedoch etwa 900.000 Stück weniger als im Jahr zuvor. Und 2015 waren es sogar noch 86,7 Millionen Policen. Viele Experten sehen eine Ursache für den Rückgang im anhaltend niedrigen Höchstrechnungszins und damit auch in sinkenden Renditen.
Hinweis: Die Rendite der Lebensversicherung wird nicht ausschließlich von der Höhe des Höchstrechnungszinses bestimmt. Einfluss auf die Gesamtrendite haben außerdem auch:
- Überschussbeteiligungen: die anteilige Weitergabe von Gewinnen an den Kunden
- Schlussboni: Abschlusszahlungen bei ordnungsgemäßem Auslaufen des Vertrages
Darauf noch zusätzlich detailliert einzugehen, würde jedoch den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Höchstrechnungszins vs. Garantiezins
In diesem Kontext werden beide Begriffe auch gerne synonym verwendet, dabei bezeichnen sich doch unterschiedliche Rechengrößen:
- Höchstrechnungszins = vom Gesetzgeber erlaubter maximaler Zinssatz
- Garantiezins = vom jeweiligen Anbieter garantierter Zins
Beides kann dabei übereinstimmen, muss es aber nicht zwingend. Der Garantiezins kann allerdings nie größer als der Höchstrechnungszins sein.
Tipp: Achten Sie bei Abschluss auf die Höhe des Garantiezinses!
Sinn des Höchstrechnungszinses
Die maximale Höhe des Zinssatzes wird in der „Verordnung über Rechnungsgrundlagen für die Deckungsrückstellungen“ (Deckungsrückstellungsverordnung – DeckRV) gesetzlich geregelt. Die Verordnung gilt für alle Versicherungsunternehmen die in irgendeiner Form Lebens-, Renten-, Unfall- oder Kfz-Versicherungen anbieten.
Zweck dieser Regelung ist jedoch in erster Linie nicht Anlegerschutz, sondern der des Versicherungswesens. Die Festsetzung des Höchstrechnungszinssatzes dient nämlich insbesondere dazu, dessen Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Durch die Begrenzung soll sichergestellt werden, dass die an die Versicherten auszuzahlenden Renditen durch Rückstellungen in den Bilanzen der Versicherer gedeckt sind.
Tipp: Der aktuelle Höchstrechnungszinssatz hat keine Auswirkungen auf bereits bestehende Verträge, sondern betrifft nur Neuabschlüsse.
Wie kommt der Höchstrechnungszins zustande?
Die Grundlage für die Ermittlung des Zinssatzes findet sich in den Renditen der (europäischen) Anleihen der öffentlichen Hand über das vergangene Jahrzehnt. Weiterhin werden gegenüber dem Bundesministerium für Finanzen (BAMF) von der
- Deutschen Aktuarvereinigung
sowie der
- Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Empfehlungen zur Höhe des Höchstzinssatzes ausgesprochen. Die endgültige Entscheidung zur Beibehaltung, Erhöhung oder Senkung liegt letztendlich aber beim BAMF.
Höhe des Höchstrechnungszinses
Die Höhe des maximalen Zinssatzes wird in §2 DeckRV „Höchstzinssatz“ festgelegt. Dort heißt es im ersten Absatz:
Bei Versicherungsverträgen mit Zinsgarantie, die auf Euro oder die nationale Währungseinheit eines an der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmenden Mitgliedstaates lauten, wird der Höchstzinssatz für die Berechnung der Deckungsrückstellungen auf 0,9 Prozent festgesetzt.
Da der Wortlaut der Verordnung seit 2016 nicht geändert wurde, ist dieser seit 2017 und bis zur nächsten Änderung bindend. Der Höchstrechnungszins bei Lebensversicherungen beträgt also auch 2019 noch 0,9 Prozent.
Entwicklung des Zinssatzes
Wirft man einen Blick auf die Entwicklung der Höhe des Zinses über die letzten 30 Jahre, so wird ein deutlicher Absturz des Satzes vom Spitzenwert von 4 Prozent in den Jahren 1994 bis 1999 bis auf den heutigen Stand deutlich.
Ein Grund für den anhaltenden Niedrigzins liegt darin, dass die Versicherer noch viele Altverträge mit höheren Garantieverzinsungen bedienen müssen. Um diesen Zahlungen nachkommen zu können, müssen Neuversicherte bei der Zinshöhe Abstriche machen.
Alternativen
Zu beachten ist außerdem, dass man den Garantiezins nur auf den Sparanteil – das sind die Beiträge abzüglich der Kosten – erhält. Bei Versicherungsunternehmen mit hohen Kosten bleibt folglich vom Zins kaum etwas über. Viele Bestandskunden stoppen ihre Zahlungen und entscheiden sich stattdessen für eine der folgenden Optionen:
Daneben sinkt die Zahl der Neuabschlüsse stetig. Waren es 2014 noch 5,5 Millionen neue Verträge, sind es drei Jahre später nur noch 4,9.
Auch Experten auf dem Finanz- bzw. Versicherungssektor raten prinzipiell davon ab, eine Kapitallebensversicherung abzuschließen. Möchten Sie sich dennoch in dieser Form absichern, empfehlen sie dabei sogenannte Netto- oder Honorartarife. Hier entfällt die Abschlussprovision und auch die Verwaltungskosten sind verhältnismäßig niedrig.
Tipp: Achten Sie bei Vertragsabschluss auf das „Gesamtpaket“, dass Ihnen der Versicherer Ihres Vertrauens anbietet! Dazu gehören neben Garantiezins auch Überschussbeteiligung und die Bonuszahlung nach Ende des Vertrages. Prüfen Sie nach und lassen Sie sich gegebenenfalls auch unabhängig beraten!
Quellen:
https://aktuar.de/unsere-themen/lebensversicherung/hoechstrechnungszins/Seiten/default.aspx
https://www.gdv.de/de/themen/news/5-fakten-zum-hoechstrechnungszins-19554
https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/gdv-statistik-der-gesamtbestand-der-lebensversicherungen-in-deutschland-ist-um-eine-million-geschrumpft/22766778.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Deckungsr%C3%BCckstellung
https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6chstrechnungszins