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Dass der Mensch nicht ohne Salz leben kann, ist eine unbestrittene Tatsache. Um seinen Stoffwechsel in Gang zu halten, benötigt er etwa drei Gramm täglich. Im Schnitt konsumiert jeder Bundesbürger im Jahr fast 700 Gramm Salz. Ein Großteil dieser Menge stammt dabei aber nicht direkt aus dem Streuer, sondern wird durch den Verzehr von Brot, Käse und Wurst aufgenommen. Dabei nehmen viele mehr als die von führenden Gesundheitsorganisationen empfohlene Dosis von 5 bis 6 Gramm pro Tag zu sich. Dadurch steigert sich beispielsweise das Risiko für Bluthochdruck. Himalaya-Salz dagegen soll sogar blutdrucksenkend wirken. Ein guter Grund also, es sich einmal näher anzuschauen.
Tipp: Um den individuellen Salzkonsum zu reduzieren, bietet sich ein Verzicht auf Fertiggerichte an. Diese enthalten oft besonders viel Salz.
Himalaya-Salz – Mythos und Wahrheit I
Der Name verrät uns eigentlich schon viel über den Ursprung des Salzes, nicht wahr? Himalaya. Ein mystischer Begriff. Tibetische Mönche. Schneebedeckte Wipfel. Doch weit gefehlt. Abgebaut wird es nämlich größtenteils im sogenannten Salt Range im pakistanischen Punjab, einer Region etwa 200 Kilometer südwestlich des eigentlichen Himalayas. Teilweise sogar in Polen. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs dürfen diese Salze nicht mehr als „Himalaya-Salz“ deklariert werden, da es sich dabei um eine geografische Irreführung des Verbrauchers handelt.
Warum erfreut sich dieses durch Eisenionen und Algen rosa gefärbte Salz dennoch so großer Beliebtheit und wird in verschiedenen Formen, beispielsweise fein gemahlen, als Granulat oder als Halitbrocken, zu hohen Preisen gehandelt? Populär wurde es erstmals durch Peter Ferreiras 2001 erschienenes Buch Wasser und Salz, Urquell des Lebens. Darin wird es als Allheilmittel für jedwede Zivilisationskrankheit bezeichnet, da es
- 84 chemische Elemente enthalte,
- in seiner Zusammensetzung dem menschlichen Blut sehr ähnle und
- dem menschlichen Organismus ähnelnde Schwingungen besäße.
Diese Aussagen und die damit verbundene Wirkungsweise sind heute von vielen wissenschaftlichen Institutionen, etwa der Technischen Universität Clausthal oder dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, weitgehend widerlegt worden.
Himalaya-Salz – Mythos und Wahrheit II
Eine Vielzahl von Untersuchungen hat nämlich ergeben, dass Himalaya-Salz, wie andere unraffinierte Steinsalze und wie beispielsweise auch handelsübliches Speisesalz, zu 98% aus Natriumchlorid besteht.
Daneben sind zwar 8 weitere Mineralien in ihm entdeckt worden, unter anderem etwa Gips, deren gesundheitsfördernder Nutzen ist aufgrund ihres Vorkommens in verschwindend geringer Menge jedoch zu vernachlässigen. Es leistet in dieser Hinsicht also keinen nennenswerten Beitrag zur Bedarfsdeckung an Nährstoffen. Das Fazit des Schweizer Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen dazu lautet lapidar: „Die nachgesagten positiven Eigenschaften lassen sich nicht nachweisen.“
Vom herkömmlichen Salz unterscheidet es sich vor allem durch die schon erwähnte Färbung, die es zumindest als Dekoration sehr attraktiv macht, und die Form der Gewinnung. Im Gegensatz zur Salzgewinnung in Europa wird es nämlich bergmännisch aus den Lägerstätten herausgebrochen, mit Sole gewaschen und getrocknet.
Tipp: Im Gewinnungsprozess werden dabei jedoch keine gesundheitlich relevanten Stoffe wie Jod oder Fluorid zugegeben. Experten raten deshalb eher zum Griff zu jodiertem Salz, da in unseren Breiten keine optimale Jod-Versorgung gewährleistet ist.
Auch die Bezeichnung als Ur-Salz erweist sich bei näherer Betrachtung als kein Alleinstellungsmerkmal, da auch die meisten europäischen Salzlagerstätten in etwa zur selben Zeit entstanden sind.
Gesundheitliche Anwendung und Meinung der Wissenschaft
Dennoch gibt es Verbraucher, die weiterhin auf das Himalaya-Salz schwören und bereit sind dafür tiefer in die Tasche zu greifen. Diese rühmen die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten des Salzes. Es ließe sich beispielsweise hervorragend zur
- Hautpflege als Solebad,
- Entgiftung des Körpers als Soletrunk,
- Linderung von Beschwerden der Atemwege, beispielsweise durch Inhalation,
- Senkung des Blutdrucks
anwenden.
Gerade Letzteres wird in Fachkreisen entschieden abgelehnt. So bezeichnet beispielsweise die Verbraucherzentrale eine solche Anwendung als „gesundheitlich höchst bedenklich“, da es nicht nur zu einer Störung des gesamten Stoffwechsels, sondern auch zu einer zusätzlichen Belastung der Nieren kommen kann.
Tipp: Für die weiteren genannten Anwendungen empfehlen Experten dem Verbraucher den Griff zu kostengünstigeren und nachhaltigeren herkömmlichen Salzvarianten. Diese schonen nicht nur den Geldbeutel, sondern hinterlassen aufgrund des kürzeren Transportweges auch einen deutlich geringeren CO2-Fußbabdruck.
Auch als Geschmacksträger kann das Himalaya-Salz nicht restlos überzeugen. Ein Geschmackstest des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Zusammenarbeit mit dem Tagesspiegel brachte zumindest kein befriedigendes Ergebnis. In ‚küchenüblicher‘ Konzentration könne es nicht herausgeschmeckt werden, heißt es dort.
Probieren geht über studieren
Beim Lesen des Artikels sollte deutlich geworden sein, dass sich am Thema Himalaya-Salz die Geister scheiden. Für die einen ist es ein Wundermittel, das jedwede Beschwerden lindern kann, für die anderen esoterischer Humbug, der sich wissenschaftlich nur unzureichend bzw. überhaupt nicht belegen lässt. Es ist ausdrücklich nicht die Absicht des Autors den Stab über dem Salz und dessen Wirkung zu brechen, sondern zu informieren und bestenfalls eine Empfehlung auszusprechen. Denn in der freien Marktwirtschaft ist es immer der Verbraucher – also Sie – der im Endeffekt die Qual der Wahl hat und sich so für ein Produkt, in diesem Falle also ein Salz, entscheiden muss. Oft handelt es sich dabei um eine reine Glaubensfrage. An der Tatsache allerdings, dass der Natriumchloridgehalt von Himalaya-Salz und Tafelsalz fast identisch ist, ändert diese freilich auch nichts.
Quellen:
https://www.aufrecht.de/beitraege-unserer-anwaelte/markenrecht/bgh-himalaya-salz.html
http://www.chemie.de/lexikon/Himalayasalz.html
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/geld-ausgeben/speisesalz-im-test-welches-salz-ist-das-beste-13596364.html
https://www.focus.de/kultur/leben/trend-weisses-gold-des-himalaja_aid_203729.html
https://www.mdr.de/wissen/einfach-salz-100.html
http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/fleur-de-sel-inka-sonnensalz-himalaya-salz-sind-exotische-salzsorten-gesuender-a-1205767.html
http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/stiftung-warentest-exotisches-salz-ist-nicht-besser-als-haushaltssalz-a-924734.html
https://www.tagesspiegel.de/wissen/gesundheit-wie-viel-heilkraft-in-himalayasalz-steckt/1181436.html
https://www.tagesspiegel.de/wissen/himalayasalz-schmeckt-teures-salz-wirklich-besser/1181516.html
https://www.test.de/Himalaya-Salz-Glaubensfrage-1058556-0/
https://www.test.de/Speisesalz-Das-Maerchen-vom-Wundersalz-4612853-4612859/
https://www.ugb.de/forschung-studien/das-geschaeft-mit-dem-himalayasalz/
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/himalayasalz-8638
https://www.vis.bayern.de/ernaehrung/lebensmittel/gruppen/himalajasalz.htm
https://web.archive.org/web/20071009153653/http://www.vnoe.at/presse/Der_Nepp_mit_dem_Himalayasalz.pdf
https://web.archive.org/web/20061024061013/http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/19/0,1872,2275027,00.html