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Erste Spuren von „Zinkerei“ finden sich tatsächlich schon in der Bibel. Der Entstehungspunkt der Gaunerzinken dagegen lässt sich in etwa auf das 12. Jahrhundert datieren. So entwickelten sie sich wohl aus dem „Rotwelschen“, einer Art Geheimsprache von Gaunern, die es ihnen erlaubte, unbemerkt über zukünftige Taten zu beraten. Die ersten grafischen Verwendungen finden sich im 16. Jahrhundert. Diese wurden als sogenannte Mordbrennerzeichen bezeichnet. Mit ihrer Hilfe informierten sich beispielsweise kriminelle Banden über Ort und Zeitpunkt ihres nächsten Überfalls.
Zinken als (Geheim-)Sprache
Danach bildeten die Zinken vor allem für wenig geachtete Mitglieder der Gesellschaft, etwa Verbrecher, Landstreicher, Bettler oder fahrendes Volk, ein wichtiges Kommunikationsmittel, um sich gegenseitig über die lokalen Verhältnisse zu verständigen. Dabei entwickelte sich über die Jahre eine Art festes „Vokabular“ an Zinken, welches sich in drei große Gruppen einteilen lässt:
- Mitteilungszinken: zur Weitergabe von Informationen
- Erkennungszinken: zur Identifizierung bestimmter Personen
- Richtungs- oder Wegweiserzinken: informierten über (Zug-)Richtungen und zukünftige Aufenthaltsorte
Die größte Gruppe der Mitteilungszinken bildeten dabei die Gaunerzinken. Sie informierten beispielsweise über kostenlose Schlafplätze und Mahlzeiten sowie günstige Gelegenheiten zum Betteln aber eben auch über kriminelle Aktivitäten. In diesem Zusammenhang dienten sie unter anderem zum Anwerben von Komplizen, zur Verbreitung von Nachrichten, die im weitesten Sinne strafrechtlich relevant waren und auch über geeignete Objekte für Raubzüge.
Gaunerzinken heute
Auch in unseren Tagen treten sie noch vereinzelt auf. Tendenz jedoch steigend. Denn gerade durch die Öffnung nach Osteuropa seien Sie heutzutage wieder vermehrt zu finden, etwa in Österreich, Nord- und Süddeutschland. Dennoch sind sie für viele Experten eher mediales Phänomen als Grund zur Panik. Gerade, wenn das Thema in den Medien präsent sei, würden von Bewohnern verstärkt Gaunerzinken wahrgenommen werden.
Schließlich würden Einbrecherbanden heute andere, zeitgemäßere Hilfsmittel verwenden. Zum Auskundschaften reichen heute oft schon Fotos oder Videos per Smartphone aus. Zumal sich Informationen so auch viel schneller transportieren lassen. Daneben sei auch das Risiko der Entdeckung wesentlich geringer.
Genutzt werden Zinken mittlerweile auch von anderen „Berufsgruppen“. So informieren sich beispielsweise auch Vertreter oder Prospekt-Verteiler damit über die Eigenschaften der Hausbewohner. Eine moderne Form des Zinkens ist das sogenannte WarChalking. Dabei werden frei zugängliche WLAN-Netzwerke per Geheimzeichen für Eingeweihte sichtbar gemacht. Beispiele dafür finden Sie im letzten Abschnitt dieses Beitrags.
Prävention
Leider kann man sich gegen das Anbringen von Gaunerzinken nicht wirklich schützen. Sollten Sie allerdings Zeichen dieser Art entdecken, rät die Polizei zu folgendem Verhalten:
- Fotografieren
- Entfernen
- Polizei (und Nachbarn) benachrichtigen
Tipp: Generell gilt: Seien Sie wachsam! Wenn Ihnen etwas Ungewöhnliches in Ihrer Nachbarschaft auffällt, zögern Sie nicht es zu dokumentieren und (bei begründetem Verdacht) die Polizei zu alarmieren. Bedenken Sie: Vorsicht ist besser als Nachsicht!
Daneben ist es natürlich prinzipiell ratsam sich optimal gegen Einbruch und mögliche andere Gefahren zu sichern. Um dies zu gewährleisten, sollte Folgendes beachtet werden:
- Türen und Fenster immer (ab)schließen
- Keine Schlüssel außerhalb der eigenen vier Wände, etwa im Blumentopf oder unter der Fußmatte, verstecken
- Türzylinderwechsel bei Schlüsselverlust
- Anstehende Reisen o.ä. nie unbedacht in Öffentlichkeit – Stichwort: Social Media – erwähnen
- Bei längerer Abwesenheit Anschein der Anwesenheit erwecken, d.h. Briefkasten leeren lassen, Rollläden bedienen, Schnee räumen lassen (falls nötig), Zeitschaltuhr verwenden
Beispiele für Zinken
Die meisten Gaunerzinken geben Hinweise auf
- Bewohner, insbesondere auf leichte Opfer: „alleinstehende Person“, „kein Mann im Haus“, „alte Leute“,
- Materielle Werte/Beute: „hier gibt es etwas zu holen“, „hier gibt es Geld“, „reiche Leute“,
- Mögliche Gefahren: „bissiger Hund“, „Bedrohung durch Waffe“
sowie
- Tipps, Warnungen und Hinweise für „Gaunerkollegen“: z.B. welche Lokalitäten besser zu meiden sind.
Interessanterweise sind Zinken zur Angabe von Tageszeiten – also für günstige Gelegenheiten – offensichtlich aus dem Französischen entlehnt, beispielsweise D (= dimanche) für „Sonntags einbrechen“ oder AM (aprés-midi) für „Nachmittag“.
Abschließend folgt noch eine Übersicht ausgewählter Zinken (zahlreiche weitere Beispiele finden Sie auch in den verlinkten Quellen):
Achtung: Unabhängig von möglichen Gaunerzinken kann ein Einbruch leider immer und überall passieren. Beherzigen Sie jedoch die obigen Tipps, können Sie das Risiko merklich reduzieren.
Quellen:
https://www.abus.com/content/download/41945/3323465/file/Fibel_Gaunerzinken_2017.pdf
https://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/500465/Gaunerzinken_Die-geheimen-Zeichen-der-Einbrecher
https://www.keinesorgen.at/fileadmin/user_upload/Downloads/Gaunerzinken/Gaunerzinken.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Zinken_(Geheimzeichen)
Schmeh, Klaus. Versteckte Botschaften: Die faszinierende Geschichte der Steganografie. Heidelberg: dpunkt Verlag, 2008. https://www.dpunkt.de/common/leseproben//12500/2_Und%20ewig%20zinken%20die%20Gauner.pdf
Vaillant, Pascal. Gaunerzinken: Semiotische Analyse eines Geheimkodes der Einbrecher in Südfrankreich. Zeitschrift für Semiotik, 2003, 25 (1-2), 159-172. https://hal.archives-ouvertes.fr/hal-00329954/document