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Brustwarzenstimulation ist vielen Frauen zwar innerhalb der sexuellen Beziehung bekannt, doch von Wehen-Anregung oder gar Geburtseinleitung durch Stimulation der Brustwarzen haben viele Frauen noch nichts gehört und sind entsprechend erstaunt und/oder verunsichert. Dass dies aber tatsächlich eine Möglichkeit ist, die bevorstehende Geburt in Gang zu bringen oder sogar etwas angenehmer zu gestalten, ist seit langem bekannt. Wie dies zusammenhängt und funktioniert, erfahren Sie im folgenden Text.
Anatomie
Brust und Brustwarzen sind evolutionär bedingt zur Ernährung des Nachwuchses angelegt. Der Warzenvorhof ist gefärbt, damit das Baby die Milchquelle besser findet. Die Brustwarze stellt sich bei Berührung auf, damit das Kleine die Brust besser fassen kann. Und durch den Saugreiz des Kindes an der Brust kommt der lebenserhaltende Milchfluss schließlich in Gang. Der Brustwarzenvorhof enthält Duftdrüsen, dadurch erkennt das Kind seine Mutter schnell und sicher am Geruch. Und die Brust selbst besteht aus Drüsengewebe, welches die Milchbildung erst einmal ermöglicht. Gesteuert werden diese Prozesse indes durch Hormone, die je nach Entwicklungsstadium (Pubertät, Erwachsenenalter, Schwangerschaft, Stillzeit, Klimakterium) verschiedene Wirkungen an der weiblichen Brust auslösen.
Das Hormon Oxytocin
Oxytocin wird vom Körper selbst gebildet und ist das Liebes- und Bindungshormon im menschlichen Organismus. Wenn die Brustwarzen bestimmten Reizen ausgesetzt sind wie Kitzeln, Reiben, Berühren, Wärme, Saugen… wird reflektorisch die Ausschüttung von verschiedenen Hormonen, besonders von Oxytocin, ausgelöst. Oxytocin führt zur Kontraktion glatter Muskulatur, z.B. führt es beim Orgasmus zu Gebärmutterkontraktionen, beim Stillen zur Kontraktion der Milchgänge und damit zum Milchfluss, bei der Geburt zu Wehentätigkeit, im Wochenbett zur Rückbildung der Gebärmutter. Wenn der Körper nicht genügend Oxytocin bildet, kann künstlich hergestelltes Oxytocin verabreicht werden z.B. in Form eines Wehen-Tropfes.
Wehen-Anregung durch Stimulation
Die Stimulation der Brustwarzen kann also bei Schwangeren zu einer Wehentätigkeit führen. Allerdings sind diese Wehen nur bei geburtsbereiter Cervix wirksam bezüglich Geburtsbeginn.
Achtung: Es besteht übrigens die Gefahr der Überstimulation (zu schnell aufeinander folgende Wehen und/oder zu heftige Wehen). Dies kann zur Gefährdung von Mutter und Kind führen. Deshalb ist eine (intermittierende) CTG-Überwachung beim Einsatz der Brustwarzenstimulation empfehlenswert.
Arten der Brustwarzenstimulation
Die Brustwarzen können mit Hilfe folgender Methoden wirksam stimuliert werden:
- Frau selbst (manuell, warmes Kirschkernkissen)
- Partner (Saugreiz, manuell)
- Hilfsmittel (Latch assist – Brustwarzenformer mit Hilfe eines leichten Saugreizes oder auch eine sanfte Handmilchpumpe)
Achtung: Brust und Brustwarzen sind in der Schwangerschaft besonders empfindlich. Empfehlenswert ist deshalb eine vorsichtige Stimulation, die nicht zu wunden, blutigen oder schmerzenden Brustwarzen führt. Der zukünftige Stillprozess könnte durch Schmerzen und Angst negativ beeinflusst werden.
Abfolge der Stimulation
Die Stimulation beider Brustwarzen erfolgt 1 Minute lang – dann etwa 3 Minuten Pause – wieder 1 Minute Stimulation – wieder etwa 3 Minuten Pause… usw., immer Im Wechsel, über eine halbe Stunde anhaltend. Erfahrungsgemäß kann die Stimulation entsprechend auch länger notwendig sein, bis die Frau regelmäßig Wehen verspürt.
Achtung: Bei Stimulation der Brustwarzen kann übrigens bereits in der Schwangerschaft ein leichter Milchfluss in Gang kommen. Die sogenannte Vormilch sieht gelblich, manchmal etwas durchsichtig aus. Dies braucht Sie nicht zu ängstigen, es zeigt Ihnen immerhin, dass die Brust gut für die Stillzeit gerüstet ist.
Studienlage
- Brustwarzenstimulation führt zu Gebärmutterkontraktionen
- Als geburtseinleitende Maßnahme ist die Brustwarzenstimulation innerhalb von 72 Stunden wirksam
- nur bei geburtsbereiter Cervix
- bei unreifem Muttermund = Keine geburtsfördernde Wirkung
- Brustwarzenstimulation führt nach der Geburt zur Reduktion der Blutung
- die Gebärmutter kann sich gut zusammenziehen
- Blutverlust aus der Plazentahaftstelle ist geringer als ohne Brustwarzenstimulation
- Bei Frauen mit einem hohem Schwangerschafts- und/oder Geburtsrisiko sollte die Brustwarzenstimulation nicht angewendet werden
Wenn Sie die Methode der Brustwarzenstimulation ausprobieren möchten, wenden Sie sich vertrauensvoll an Ihren Arzt oder Ihre Hebamme. Ich wünsche Ihnen für Ihre Schwangerschaft und Ihre Geburt Alles Gute!
Quellen:
https://www.babywelten.ch/schwangerschaft/geburt-geburtsvorbereitung/wehen/wehen-natuerlich-auszuloesen-tipp-nr-8-brustwarzenstimulation
https://www.cochrane.org/de/CD003392/bruststimulation-zur-oeffnung-des-muttermundes-und-zur-geburtseinleitung
https://www.wehenausloesen.de/natuerliche-geburtseinleitung/
http://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/geburt-einleiten-was-taugen-rizinusoel-sex-und-heisse-baeder-a-1063778.html
Mändle, Ch.; Opitz-Kreuter, S.; Das Hebammenbuch, Schattauer GmbH 2007, 5. Auflage, S. 444
Geist, Ch.; Harder, U.; Stiefel, A.; Hebammenkunde, Hippokrates Verlag 2007, 4.Auflage, S. 325