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Wir leben in einem Mieterland. Was den Besitz von Wohneigentum betrifft, liegt im europäischen Vergleich nur noch die Schweiz hinter Deutschland. Die Quote pendelt seit Jahren stabil um rund 45 Prozent. Bei den unter 40-Jährigen sind die Zahlen heute allerdings um einige Prozentpunkte niedriger als noch zur Jahrtausendwende. Die Regierung möchte dies nun ändern. Ziel ist es dabei mit dem Baukindergeld vor allem junge Familien beim Schritt hin zu den eigenen vier Wänden, ob durch Bau oder Kauf, zu unterstützen.
Baukindergeld – Was ist das?
Beim Baukindergeld handelt es sich um einen staatlichen Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss. Eltern mit kindergeldberechtigten Kindern haben rückwirkend ab dem 01.01.2018 darauf Anspruch. Die Höhe des ausgezahlten Betrages orientiert sich dabei an der Anzahl, der bei Antragstellung im Haushalt lebenden, minderjährigen Kinder. Experten raten Familien dazu, sich diese Finanzspritze auf keinen Fall entgehen zu lassen. Gleichzeitig weisen sie aber auf mögliche Probleme und Schwachstellen des Vorhabens hin. Diese sollen dann abschließend noch einmal näher beleuchtet werden.
Zahlen und Daten
Aufgrund von Bedenken seitens der SPD zur Finanzierung des Projektes sollte es ursprünglich eine Begrenzung der Wohnfläche auf 120m2 geben. Die Förderung größeren Wohnraums war nicht vorgesehen. Letztendlich entschied man sich jedoch auf diese Beschränkung zu verzichten und stattdessen die Laufzeit für die Antragstellung auf drei Jahre zu begrenzen. Das heißt eine Beantragung ist bis einschließlich dem 31.12.2020 möglich. Außerdem gilt eine Einkommensgrenze. Diese soll gewährleisten, dass das Baukindergeld Familien zukommt, die es auch tatsächlich benötigen. Für die laufende Legislaturperiode wird mit Ausgaben von 2-3 Milliarden Euro kalkuliert. Für die gesamte Förderdauer etwa 10 Milliarden veranschlagt. Laut einer Studie von LBS Research soll so insgesamt über 58.000 Familien zusätzlich der Zugang zu Wohneigentum ermöglicht werden. Die wichtigsten Zahlen zum Baukindergeld auf einen Blick:
- pro Kind gibt es 1.200 Euro jährlich vom Staat
- die Maximallaufzeit der Förderung beträgt 10 Jahre
Damit ergibt sich also folgendes Bild:
Anzahl der bei Antragstellung im Haushalt lebenden Kinder | Jährliche Fördersumme | Maximaler Förderbetrag (bei 10 Jahren Laufzeit) |
1 | 1.200 Euro | 12.000 Euro |
2 | 2.400 Euro | 24.000 Euro |
3 | 3.600 Euro | 36.000 Euro |
… + 1 | … + 1.200 Euro | … + 12.000 Euro |
In Bayern gibt es das Baukindergeld Plus: Das bedeutet pro Jahr und Kind noch einmal 300 Euro extra, also 1.500 Euro jährlich und 15.000 Euro über den gesamten Förderzeitraum. Des Weiteren kommt eine einmalige Eigenheimzulage in Höhe von 10.000 Euro dazu. Der Maximalbetrag für 2 Kinder läge hier also bei 40.000 Euro.
Tipp: Die Eigenheimzulage können übrigens auch – in Bayern wohnende – Alleinstehende oder kinderlose Paare beantragen.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Natürlich kann nicht jeder diesen Zuschuss beantragen. Deshalb müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, um als förderwürdig zu gelten und den Antrag bewilligt zu bekommen. Um sich also die Förderung sichern zu können, sollten Sie Folgendes beachten
1. Zeitraum der Antragstellung: 1. Januar 2018 (rückwirkend) bis zum 31. Dezember 2020
Achtung: Es gilt das Datum des notariell beglaubigten Kaufvertrages beziehungsweise der erteilten Baugenehmigung.
2. Gilt nur für den Ersterwerb von selbst genutztem Wohneigentum in Deutschland (Bau oder Kauf)
- Keine Vermietung erlaubt
3. Minderjährige, kindergeldberechtigte Kinder leben im Haus
- Meldebestätigung nach Einzug erforderlich, Auszug der Kinder später möglich
Achtung: Mit dem Erlöschen des Anspruchs auf Kindergeld im Alter von 25 Jahren endet auch die Zahlung der Förderung. Das heißt Kinder, die bei der Antragstellung 16 oder älter sind, erhalten die Förderung NICHT für die vollen zehn Jahre. Beachten Sie das in Ihren Kalkulationen!
4. Maximales Nettoeinkommen des Haushalts: 75.000 Euro
- Grundlage bilden die Einkommensteuerbescheide der letzten beiden Jahre, einmalige Prüfung bei Antragstellung, danach keine Begrenzung
- zusätzlicher Freibetrag von 15.000 Euro pro Kind
Anzahl der Kinder im Haushalt bei Antragstellung | Maximales Nettoeinkommen |
1 | 90.000 Euro (75.000+15.000) |
2 | 105.000 Euro |
3 | 120.000 Euro |
… + 1 | … + 15.000 Euro |
Tipp: Um sich zu versichern, ob und in welcher Höhe Ihnen Baukindergeld zusteht, können Sie einfach einen der vielen Baukindergeldrechner nutzen. Beispielsweise diesen hier. Da die wenigsten Verbraucher ihr Nettoeinkommen kennen, wird dabei deshalb stattdessen oft der Bruttoverdienst abgefragt.
Wo und wie muss die Beantragung erfolgen?
Dabei gilt es zwei unterschiedliche Fristen zu beachten:
- Bei Einzug bis 17. September 2018 muss der Antrag bis spätestens 31. Dezember diesen Jahres erfolgen.
- Bei späterem Einzugsdatum ist der Antrag innerhalb von 3 Monaten danach zu stellen.
Die Antragstellung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Dort folgen Sie den Hinweisen und registrieren sich.
Die Auszahlung erfolgt allerdings erst frühestens Ende 2019. Voraussichtlich im Frühjahr werden Sie von der KfW per Mail benachrichtigt und haben dann 3 Monate Zeit die geforderten Nachweise hochzuladen. Dazu gehören:
- Einkommenssteuerbescheide des vorletzten und vorvorletzten Jahres vor Antragstellung, d.h. von 2015 und 2016 bei Antragstellung 2018
- Meldebestätigung
- Grundbuchauszug
Sorgen Sie dafür, dass Sie die geforderten Dokumente in guter Qualität als PDF-Datei vorlegen können, um eine schnellere Bearbeitung und damit auch Auszahlung zu ermöglichen.
Tipp: Da die Zahlung des Baukindergeldes monatlich oder jährlich erfolgt, können Sie es nicht als Eigenkapital einbringen. Achten Sie deshalb beim Kauf beziehungsweise Bau auf eine Finanzierung mit guten Sondertilgungsoptionen!
Kritik und Probleme
Experten und Institutionen aus Wirtschaft und Finanzen, beispielsweise der Bundesrechnungshof oder das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, stehen der Förderung kritisch gegenüber. Während sie die Idee, junge Familien zu fördern, prinzipiell positiv betrachten, erkennen sie hier eine Reihe falscher Ansätze und Anreize, zum Beispiel:
- Preissteigerung statt Schaffung bezahlbaren Wohnraums
- Warnung vor Mitnahmeeffekten
- Kluft zwischen ländlichen und Metropolregionen
So ist ein Hauptproblem, warum so viele potentielle Besitzer von Wohneigentum – trotz Niedrigzinsen – den Schritt in die eigenen vier Wände nicht wagen (können), oft der fehlende Eigenkapitalanteil. Dazu kommen ständig steigende Nebenkosten und Immobilienpreise sowie die Grunderwerbsteuer, für die man in einigen Bundesländern fast die gesamte Förderung aufbringen müsste. Bund und Steuerzahler tragen die Kosten, während die Länder davon profitieren. Hier müsse nach Meinung der Fachleute eher angesetzt werden. Mit dem Baukindergeld würde jedoch sogar noch weiter an der Preisspirale für Baugrund beziehungsweise Immobilien gedreht.
Stadt vs. Land
Des Weiteren treten regionale Unterschiede zu Tage. Laut einer Studie eines großen Immobilienportals etwa könnten in Sachsen-Anhalt und Thüringen 13 bzw. 12 Prozent eines durchschnittlichen Neubau-Hauses (Berechnungsgrundlage: 5 Zimmer, 140m2 Wohn- und 600m2 Grundstücksfläche) über das Baukindergeld finanziert werden. Die „Schlusslichter“ der Untersuchung bilden Hamburg und Berlin mit 4 respektive 5 Prozent. In Großstädten wäre sein tatsächlicher Effekt also, auch angesichts hoher Preise und Steuern, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, während er auf dem Lande einer Art „Bleibeprämie“ gleichkommen würde.
Problematisch dabei ist, dass in dünn besiedelten Regionen, aufgrund der geringen Kosten für Baugrund, mit hoher Wahrscheinlichkeit neue Immobilien entstehen, obwohl dort bereits wachsender Leerstand herrscht. Für das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln wäre es beispielsweise eine Option in ländlichen Gegenden die Förderung mit dem Erwerb einer Bestandsimmobilie zu verknüpfen, um dieser Entwicklung gegenzusteuern. Auch die Lenkung von Investitionen in Regionen, die auf absehbare Zeit vom demografischen Wandel betroffen sind, löst Diskussionen aus.
Das Baukindergeld – Ein politisches Instrument
Abschließend bleibt somit festzuhalten, dass das Baukindergeld grundsätzlich eine gute Idee – mit Schwächen – ist. Dennoch sollten sich junge Familien die Förderung nicht entgehen lassen. Seine Beantragung (soweit bekannt) erscheint auch relativ simpel möglich. Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass mit seiner Einführung – und der symbolträchtigen Verbindung aus Familie und Heim – auch (Symbol-)Politik gemacht wird. In diesem Falle gerichtet auf die Zielgruppe junge Familien mit Kindern. Ob es letztendlich, wie seinerzeit die Eigenheimzulage, zur ausufernden Subvention wird und anschließend ohne großen Effekt verpufft, muss die Zukunft zeigen. Eines aber steht bereits fest: Den Löwenanteil der Kosten wird erst die nächste Regierung zu tragen haben.
Tipp: Daneben finden Sie auf Wiado auch weitere Informationen zum Thema Kindergeld, etwa zu dessen Höhe oder den Auszahlungsterminen für die Jahre 2018 und 2019.
Quellen:
https://www.abendblatt.de/hamburg/article214918683/Wie-Familien-vom-Baukindergeld-profitieren.html
https://www.deutschlandfunk.de/foerderung-von-wohneigentum-diskussion-um-das-baukindergeld.724.de.html?dram:article_id=424721
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.593679.de/diw_aktuell_14.pdf
https://www.diw.de/de/diw_01.c.564029.de/presse/diw_aktuell/erwerb_von_wohneigentum_eigenkapitalschwelle_fuer_immer_mehr_haushalte_zu_hoch.html
https://www.drklein.de/baukindergeld-2018.html
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/mieten-und-wohnen/fuer-wen-lohnt-sich-das-neue-baukindergeld-15662233.html
https://www.focus.de/immobilien/finanzieren/baukindergeld-so-funktioniert-die-geplante-finanzierungshilfe_id_9167643.html
https://www.focus.de/immobilien/kaufen/mehr-menschen-ziehen-ins-umland-folge-des-baukindergeldes-preise-fuer-ein-und-zweifamilienhaeuser-steigen-stark_id_9310992.html
https://www.handelsblatt.com/finanzen/immobilien/eigenheimfoerderung-so-kommen-sie-an-das-neue-baukindergeld/22805568.html
https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-das-baukindergeld-setzt-falsche-anreize/22739740.html
https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/diw-studie-das-baukindergeld-foerdert-vor-allem-gutsituierte-familien/22771948.html
https://www.immobilienscout24.de/bauen/aktuelle-hausbau-themen/baukindergeld-neubau-haeuser.html
https://ivd.net/wp-content/uploads/2018/07/2018-07-Studie-Baukindergeld.pdf
https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Gutachten/PDF/2018/IW-Gutachten_Bewertung_KoaV2018.pdf
https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Baukindergeld/
https://www.lbs.de/presse/p/lbs_research/details_11753359.jsp
https://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/baukindergeld-ostdeutschland-geht-leer-aus-100.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/baukindergeld-beguenstigt-laut-diw-studie-besserverdiener-a-1216806.html
https://www.stern.de/politik/deutschland/baukindergeld–alles–was-sie-nach-dem-beschluss-wissen-muessen-8144104.html
http://www.taz.de/!5517410/