In diesem Artikel
Die Messung der Basaltemperatur wird in die Gruppe der natürlichen Familienplanungsmethoden eingeordnet. Damit ist schon klar, dass es eine Methode ist, die in den Verantwortungsbereich eines Paares fällt, denn Familienplanung sollte nie auf einen Partner abgeschoben werden. Wie Sie diese Verantwortung gemeinsam tragen können, beschreiben wir im folgenden Artikel.
Was ist unter Basaltemperatur zu verstehen?
Ganz einfach: es ist die morgendliche Aufwachtemperatur nach mindestens fünf Stunden ununterbrochener Nachtruhe. Wie alle Funktionen unseres Körpers verläuft auch die Körpertemperatur in einem 24-Stunden-Zyklus mit Höhepunkten und Tiefpunkten. Die auftretenden Schwankungen unterliegen engen Grenzen, die sich im Normalfall (Gesundheit) im Zehntel-Grad-Bereich bewegen.
Die normale Körpertemperatur, auch Körperkerntemperatur¹ genannt, beträgt beim gesunden Erwachsenen 36 bis 37°C. Der Tiefpunkt unserer Körperkerntemperatur wird meist zwischen 2 und 3 Uhr nachts erreicht. Kurz vor dem Aufstehen, bereitet sich unser Körper auf das Aufwachen vor, und die Körpertemperatur steigt wieder leicht an. Bei körperlicher Aktivität, wie zum Beispiel der „Trennung vom Bett“ erhöht sie sich noch weiter. Deswegen misst Frau ihre Basaltemperatur vor dem Aufstehen!
Basaltemperatur und weiblicher Regelzyklus
Der Körper einer Frau unterliegt – genau wie der eines Mannes – vielen unterschiedlichen Einflüssen. Der wichtigste Innenwelteinfluss ist ihre Hormonlage während des Regelzyklus². Zwei Hormone sind von besonderer Bedeutung: Östrogen und Progesteron.
Das Hormon Progesteron bestimmt in der zweiten Zyklushälfte, also nach dem Eisprung (Ovulation), das Geschehen im Körper. Es ist für eine Erhöhung der Basaltemperatur verantwortlich. Auch diese bewegt sich nur um 0,2°C höher als an den vorangegangenen Tagen. Wenn Sie das über mindestens drei Tage beobachten, dürfen Sie sich freuen, denn Sie sind schwanger!
Basaltemperatur-Messung: traditionell oder modern
Traditionell (kostengünstig)
Sie benötigen für Ihre Messung im Bett
- ein normales Thermometer (manche Anwenderinnen schwören allerdings auf ein Thermometer, das mindestens zwei Stellen hinter dem Komma aufzeigt)
- einen Stift
- einen Block, auf den Sie den gemessenen Wert eintragen, etwa so:
Datum | Temperatur |
1. Dezember | 36,1°C |
2. Dezember | 36,3°C |
3. Dezember | 36,0°C |
xxx | xxx |
Natürlich können Sie auch sofort einen PC oder ein Tablet verwenden – Tradition hin oder her…
Modern (je nach Kontostand, erhältlich im AppStore oder in der Apotheke)
- Zyklus-App
„Früher“ nannte man das einfach Regelkalender. Den sollte sowieso jede Frau führen, egal, ob sie modern oder „traditionell“ ist. Natürlich hat so eine App noch ein paar weitere Vorzüge. Frau kann zum Beispiel erkennen, wann der Eisprung eventuell stattgefunden hat. Dadurch erhält sie den Hinweis, ob sie gerade fruchtbar ist. Über die Sicherheit dieser Methode lässt sich aber durchaus streiten!
- Verhütungscomputer
Davon gibt es jede Menge auf dem Markt mit den unterschiedlichsten Bewertungen. Sie helfen laut Wikipedia, die Fruchtbarkeit der Frau zu analysieren und zu protokollieren. Sie erfassen mehrere bestimmte Merkmale, die den weiblichen Zyklus charakterisieren, wie zum Beispiel:
- Basaltemperatur
- Hormonkonzentration im Morgenurin
- Beschaffenheit des Zervixschleims³
Die Auswertung der angezeigten Informationen in ihrer Kombination gibt der Frau mehr Sicherheit, wie sie mit ihrer Fruchtbarkeit umgehen kann.
Vier Tipps zur korrekten Messung
1. Messen Sie immer ungefähr zur gleichen Zeit.
2. Messen Sie immer mit der gleichen Methode, also entweder
- im Mund (oral)
- im Mastdarm (rektal)
- in der Scheide (vaginal)
Merke: Messungen in der Achselhöhle, im Ohr und auf der Stirn sind zu ungenau! Sie sind zu weit vom Körperkern entfernt.
3. Messen Sie immer mit dem gleichen Thermometer. Schütteln Sie es vorher runter, um Verfälschung des Meßergebnisses zu vermeiden. Wenn Sie einen Verhütungscomputer benutzen, achten Sie bitte auf den Ladezustand des Gerätes.
4. Beginnen Sie mit Ihren regelmäßigen Messungen, direkt nach Ihrer Regelblutung.
Wie sind die Meßergebnisse zu interpretieren?
- In der ersten Zyklushälfte, also bis zum Eisprung, verläuft die Temperaturkurve relativ konstant auf einem niedrigeren Niveau. In dieser Zeit sorgt das Hormon Östrogen für den Aufbau des Eibettes. Es laufen quasi Vorbereitungen für eine Schwangerschaft, die aber zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht möglich ist. Das Ei reift noch im Eierstock. Da aber die Zykluslänge variiert, ist auch der Zeitpunkt für die Ovulation, also der Moment, wenn das Ei aus dem Eierstock springt, variabel. Strebt das Paar eine Schwangerschaft an, kann es zu jeder Zeit Sex haben. Ist sie dagegen nicht erwünscht, sollte damit bis etwa vier Tage nach der Ovulation gewartet werden. Diese Angabe hängt mit der Lebensdauer der Spermien zusammen.
- Nach der Ovulation erhöht sich die Basaltemperatur um etwa 0,2° C im Vergleich zur ersten Zyklushälfte. Bleibt diese Erhöhung für mehr als drei Tage bestehen (vorausgesetzt Sie haben nicht gerade einen grippalen Infekt!), sind Sie mit großer Wahrscheinlichkeit schwanger.
- Fällt die Basaltemperatur nach 3 Tagen wieder ab, sind Sie nicht schwanger und erleben nach 10 -16 Tagen Ihre nächste Regelblutung. Der Beginn hängt von der bereits erwähnten Zykluslänge ab.
Eisprung berechnen
Nachdem sich die wissenschaftliche Welt absolut klar geäußert hatte, wann der Eisprung, die Ovulation, stattfindet, sind diese scheinbaren Sicherheiten jüngst wieder in den Fokus neuer Diskussionen geraten. Heute weiß man eher wieder, dass man nichts Genaues weiß…
Was man sicher weiß ist,
- dass es Regelzyklen gibt, in denen kein Eisprung stattfindet. Sie heißen mit dem Fachbegriff anovulatorisch. Betrachtet man die Zyklus-App oder eben den Regelkalender über etwa ein Jahr, bemerkt man ein bis zwei solcher Zyklen. Scheinbar braucht der weibliche Körper auch während der fruchtbaren Phase Ruhezeiten. Strebt das Paar eine Schwangerschaft an, wird es enttäuscht werden, weil es auch bei Super-Sex kein befruchtungsfähiges Ei gibt.
- die Ovulation nicht genau am 14. Zyklustag stattfindet. Nach dieser Annahme und der daraus abgeleiteten Verhütungs-Regel nach Knaus/Ogino⁴ entstanden viele unerwünschte Schwangerschaften. Man meinte, wenn man in Tagen um die Ovulation herum keinen Sex hatte, könne Frau auch nicht schwanger werden. Da sie aber monatlich veränderlich sein kann, nützte auch „höhere Mathematik“ zur Berechnung der vermutlichen Ovulation nichts.
- dass sich kürzere und längere Zyklen abwechseln können. Demnach ist auch die Ovulation variabel. Nach welchem Muster dieser Wechsel abläuft, ist weltweit Gegenstand weiterer Forschungen.
- dass die Zykluslänge in der 1. Zyklushälfte variabel ist, in der 2. aber immer 12 bis 16 Tage beträgt, egal wie lang der Zyklus insgesamt ist. Dadurch kann der Eisprung nicht im Voraus berechnet werden. Betrachtet man den Zyklusverlauf im Nachhinein, lassen sich Schlussfolgerungen ziehen, wann das entscheidende Ereignis stattgefunden haben muss.
Merke: Als normal wird eine Zykluslänge von 21-35 Tagen angesehen!
Praktischer Nutzen der Berechnung des Eisprungs
Diese Frage stellt sich durchaus für ein Paar mit Kinderwunsch. Sex außerhalb der fruchtbaren Zyklusphase ist wenig zielführend und führt in der Regel zu massiven Spannungen in der Beziehung. Verbissen und mit Anspannung das Wunschbaby anzustreben, setzt beide Partner unter Stress. Der ist keine gute Voraussetzung für eine erwünschte Schwangerschaft.
Beratung durch einen Facharzt bzw. eine Kinderwunschklinik hilft oft schon weiter. Nach einem ausführlichen Gespräch und einer ersten Untersuchung beider Partner wird der Frau oft empfohlen, eine Basaltemperaturkurve zu führen. Sie wird nach einer gewissen Zeit gemeinsam mit dem Arzt ausgewertet.
Klar ist, dass dies nicht jedermanns/-fraus Ding ist, weil es zeitweise herausfordernd sein kann. Dabei lernt aber das Paar staunend den wunderbaren Körper der Frau kennen. Gemeinsam entdeckt man neue Dimensionen und baut auch Beziehungsstress ab.
Berechnet ein Arzt den Eisprung oder verfolgt ihn sogar mit Ultraschall, sollte der (künstlichen) Befruchtung des Eis nichts mehr im Wege stehen. Ist Frau schwanger, ergibt sich aus dem Eisprung eine weitere Berechnung: die des vermutlichen Geburtstermins des Babys.
Basaltemperatur-Methode nicht ohne fachliche Unterstützung
Über den Lauf der letzten 50 Jahre hat sich Revolutionäres im Bereich der Familienplanung getan. Vieles ist durch die Einführung der Pille einfacher geworden. Ob diese Entwicklung immer zum Besseren führt(e), ist unser Nachdenken wert.
Heute fällt bei vielen Frauen eine „Pillenmüdigkeit“ auf. Natürliche Methoden erleben einen unvermuteten Aufschwung. Dazu gehört eben auch die Messung der Basaltemperatur. Sie wird, wenn korrekt durchgeführt, als sehr sicher eingestuft, sowohl, um eine Schwangerschaft zu erreichen, als auch um sie zu verhüten. Das Paar besitzt aber noch keine anwendungsbereiten Kenntnisse, wenn es dazu ein paar Artikel im Internet gelesen hat!! Bitte suchen Sie sich vertrauenswürdige, ausgebildete Menschen, die Ihnen fachlich zur Seite stehen können!
Je mehr und besser Sie Bescheid wissen (auch nicht nur über Basaltemperatur), um so sicherer werden Sie in der Anwendung. Ich wünsche Ihnen viele interessante Entdeckungen!
¹ Der Körperkern beinhaltet vor allem die stoffwechselreichen Anteile von Kopf und Rumpf. Von der Körperkerntemperatur wird die Körperschalentemperatur abgegrenzt.
² Periodische Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut, der Eireifung im Eierstock und der Veränderung des weiblichen Genitales, gesteuert durch einen hormonellen Regelkreis
³ Schleim, der den unteren Abschnitt der Gebärmutter, den Hals (lat. Zervix), die meiste Zeit des Zyklus verschließt. Während der fruchtbaren Phase verflüssigt sich dieser Schleim und tropft durch die Scheide nach außen.
⁴ Deutscher und Japanischer Gynäkologe, die etwa zur gleichen Zeit Zyklusphasen entdeckten
Quellen:
https://www.familienplanung.de/verhuetung/verhuetungsmethoden/natuerliche-methoden/
https://flexikon.doccheck.com/de/K%C3%B6rperkerntemperatur
https://de.wikipedia.org/wiki/Verh%C3%BCtungscomputer
Ausbildungsmaterial „Natürliche Familienplanung“
Vortrag von Prof. Dr. Christiane Schwarz zur Berechnung des voraussichtlichen Geburtstermins