Baby verschluckt sich oft: was tun? | Rat der Hebamme

Wenn sich ein Baby verschluckt und heftig zu husten beginnt oder sogar Nahrung wieder ausspuckt, sind die meisten Eltern sehr beunruhigt, noch mehr, wenn dies oft geschieht. Schließlich fühlen uns auch wir Erwachsene hilflos, unwohl, teilweise ängstlich, wenn wir uns mal an Nahrungsstückchen oder der eigenen Spucke verschlucken. Ist häufiges Verschlucken also gefährlich für das Baby? Und was können Eltern tun, um dem Baby zu helfen? Antworten darauf erhalten Sie hier.

Baby verschlucken

Die Nahrungsaufnahme gehört für ein Baby zu einer der ersten Anpassungsleistungen in seinem Leben. Im Bauch der Mutter bekam es die Nährstoffe über die Nabelschnur „gereicht“. Trotzdem lernte es bereits in der Gebärmutter zu schlucken, denn regelmäßig trinken Babys im Bauch kleine Mengen Fruchtwasser. Wenn das Baby dann geboren ist, handelt es sich aber nicht mehr um kleine Mengen, die es schluckt, sondern um vergleichsweise große Schlucke und große Trinkmengen. Deshalb kommt es bei sehr vielen Babys zu häufigem Verschlucken während oder nach der Mahlzeit. In den meisten Fällen können einfache Maßnahmen dieses Verschlucken reduzieren, Welche Maßnahmen Sie bei häufigem Verschlucken durchführen können und wann Sie unbedingt einen Kinderarzt zu Rate ziehen sollten, erfahren Sie im folgenden Text.

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Der Schluckvorgang

Durch Schlucken werden Nahrung, Flüssigkeiten, Speichel und Sekrete oder gar Erbrochenes vom Mund über Rachen und Speiseröhre in den Magen transportiert. Der Schluckvorgang läuft am Tag circa 1000-mal ab. Das Problem ist, dass Speiseröhre und Luftröhre anatomisch nebeneinander angeordnet sind und beide eine Verbindung zum Rachenraum haben. Die Natur hat dies folgendermaßen gelöst:

Der Schluckvorgang verläuft in 4 Phasen:

Baby essen

  1. Nahrung wird im Mund gesammelt und zerkleinert.
  2. Nahrung wird mit Zungenbewegung in den hinteren Rachen transportiert.
  3. Dort wird reflektorisch der Schluckreflex ausgelöst, wobei die Atemwege durch den Kehlkopfdeckel geschlossen werden. Damit gelangt die Nahrung in die Speiseröhre und nicht in die Luftröhre. Der Atemvorgang wird für diese Zeit kurz unterbrochen.
  4. Nahrung wird durch die Speiseröhre bis in den Magen transportiert. Kehlkopfdeckel geht in seine Ursprungslage zurück, die Atemwege sind wieder offen für freies Atmen.

Was ist Verschlucken?

Unter ungünstigen Umständen wird dieser Schluckvorgang in seinem Ablauf gestört. Der Kehlkopfdeckel verschließt die Luftröhre nicht mehr oder noch nicht komplett und Nahrung, Flüssigkeit oder gar Gegenstände gelangen in die Luftröhre. Ein freies Atmen ist bei „verlegter“ Luftröhre nicht mehr möglich. Normalerweise wehrt der Körper nun das Eindringen dieses Fremdstoffes mit dem Auslösen eines heftigen Hustenreizes ab, somit wird der Fremdstoff wieder nach außen befördert. Erst wenn sich der Fremdstoff nicht erfolgreich „aushusten“ lässt, wird die Situation lebensbedrohlich, denn es entsteht Erstickungsgefahr.

Körperliche Ursachen für Verschlucken beim Baby

Das Baby kommt relativ unreif zur Welt. Alle Organsysteme müssen sich auf das Leben außerhalb der Mutter erst einstellen. Folgende körperliche Besonderheiten beim Baby begünstigen das häufige Verschlucken:

Baby verschlucken

  • Mageneingang noch mit schwacher Muskulatur – Nahrung kann schnell in Speiseröhre und Rachen zurücklaufen und zum Verschlucken führen
  • Beim Durchtritt der Speiseröhre durch das Zwerchfell gibt es eine physiologische Engstelle, die aber bei großer Muskelspannung des Babys weniger Nahrung durchlässt und es entsteht ein Rückstau in der Speiseröhre – auch dies führt schneller zum Verschlucken
  • Das Baby betätigt seine Bauchpresse bei Schreien oder Stuhlgang – geschluckte Milch „staut“ sich auf
  • Das Baby wird zu heftig bewegt nach Mahlzeit oder muss zum Sport-Kurs (Babyschwimmen, Babygymnastik…)

Nahrungsbedingtes Verschlucken beim Baby

Auch die Nahrungsaufnahme muss erlernt werden. Beim Baby besteht die Besonderheit in der Form der Aufnahme (Saugen) und in der typischen Konsistenz, wodurch jeweils ein Verschlucken wahrscheinlicher wird als bei uns Erwachsenen.

  • Nahrung bei Babys ist dünnflüssig – kann sich schneller am Kehlkopf „vorbeimogeln“ und zum Verschlucken führen
  • Bei Beikostnahrung kann der Brei schlecht püriert, feste Nahrung nicht gut genug zerkleinert sein – je größer der geschluckte Bissen umso größer die Gefahr des Verschluckens
  • Das Kind trinkt zu hastig an Brust oder Flasche

Stillen

  • Das Baby trinkt größere Mengen, als es tatsächlich benötigt (Magen „läuft über“)
  • Übermäßiger Milchfluss mit zu hohem Druck beim Stillen
  • Zu großes Saugerloch bei Flaschengabe

Maßnahmen zur Vorbeugung des Verschluckens

  • Langsames essen/trinken
  • Pausen einlegen
  • Zwischendurch Bäuerchen machen lassen
  • Geeignete Stillposition oder Trinkposition suchen (Körper und Kopf in einer Achse, sodass der Hals nicht verdreht ist, leicht Schräghaltung, damit es besser „nach unten rutscht“, zurückgelehnte Sitzhaltung der Mutter bei zu heftigem Milchfluss)
  • Kleineres Saugerloch bei Füttern von Flaschenmilch wählen
  • Beikost: Kleine Bissen/Häppchen anreichen
  • Obst immer schälen
  • Keine harten Nahrungsmittel wie Nüsse oder rohe Möhren geben
  • Medikamente nie in Tabletten- oder Kapselform verabreichen
  • Das Baby nicht mit Kleinteilen oder Plastikverpackungen spielen lassen, denn sie nehmen zur Erkundung alles in den Mund. So können auch Fremdkörper eingeatmet werden

Maßnahmen während des Verschluckens

  • Nahrungsaufnahme kurz pausieren
  • Baby aufrichten und hochnehmen
  • Über Schulter legen (Spucktuch unterlegen)

Spucken beim Baby

  • Sanft den Rücken klopfen
  • Beruhigend sprechen (Aufregung überträgt sich auf das Baby)
  • Wenn Husten beendet ist, weiter füttern/trinken lassen, eventuell in einer anderen Still-/Trinkposition

Krankhafte Ursachen für häufiges Verschlucken

Natürlich können auch ernsthafte oder sogar gefährliche Gründe für häufiges Verschlucken beim Baby vorliegen. In diesen Fällen äußert sich aber das Problem oft kombiniert mit anderen Warnzeichen (Gewichtsabnahme, Austrocknung der Haut, fehlende Ausscheidungen, Schmerzen). Wenn Sie also über Häufigkeit oder Verlauf der Verschluckungsanfälle besorgt sind oder sogar noch andere Warnzeichen hinzukommen, suchen Sie einen Kinderarzt oder ein Krankenhaus auf. Beim Vorliegen folgenden Erkrankungen des Babys treten Verschlucken oder sogar Spucken vermehrt und heftig auf:

  • Einengung/Fehlbildung der Speiseröhre
  • Spasmus (Krampf) des Magenpförtnermuskels (Eingang des Magens)
  • Unerkannte Gaumenspalte
  • Infektionen (besonders der Atemwege)

1. Hilfe beim Verschluckungs-Notfall (Aspiration) beim Baby

Anzeichen für Aspiration

  • Heftiges Husten
  • Blaue Färbung der Lippen/Haut
  • Erschwerte, schmerzhafte, pfeifende Atmung
  • Einziehung der Rippenmuskulatur

Maßnahmen bei Babys:

  • Notarzt rufen 112
  • Baby kopfüber und in Bauchlage auf Unterarm legen und mit der freien flachen Hand 5 mal zwischen die Schulterblätter klopfen, ggf. wiederholen
  • Bei Wirkungslosigkeit Baby in Rückenlage auf die eigenen Oberschenkel legen (Kopf des Babys kniewärts richten und Baby abwärts halten) und 5 mal einen kurzen und kräftigen Druck auf das Brustbein ausüben (kurz unterhalb der Brustwarzenlinie)

1. Hilfe Maßnahme

  • Maßnahme wiederholen, bis Fremdkörper ausgehustet oder Notarzt eingetroffen ist

Ich hoffe sehr, Sie können jetzt das Thema Verschlucken bei Ihrem Baby etwas gelassener und ruhiger angehen, denn es gehört zum Babyleben dazu und verläuft durch kurzes Husten in den allermeisten Fällen harmlos.

Quellen:
https://www.baby-und-familie.de/Erste-Hilfe/Was-tun-bei-Atemnot-und-Erstickungsgefahr-77481.html
https://www.fachklinik-bad-heilbrunn.de/akutmedizin/neurologische-fruehrehabilitation-phase-b/zentrum-fuer-schluckstoerungen/normaler-schluckvorgang.html
https://www.apotheken-umschau.de/Magen/Verschlucken-Wann-es-gefaehrlich-wird-413065.html
https://www.elternwissen.com/gesundheit/erste-hilfe-kinder/art/tipp/fremdkoerper-verschluckt-so-leisten-sie-erste-hilfe.html
https://www.erste-hilfe-fuer-kinder.de/erste-hilfe-themen/verschlucken/ersticken-bei-babies.html

Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme
Wanda Unger ist Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme. Seit vielen Jahren begleitet sie junge Familien durch die Zeit der Schwangerschaft bis zum 1. Lebensjahr ihrer Babys. Für unser Portal schreibt sie Fachtexte rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Babypflege. Als Mutter und Hebamme ist es ihr wichtig, den Familien den Start in den Alltag mit dem neuen Familienmitglied zu erleichtern.
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Wanda Unger ist Diplom-Medizin-Pädagogin und Hebamme. Seit vielen Jahren begleitet sie junge Familien durch die Zeit der Schwangerschaft bis zum 1. Lebensjahr ihrer Babys. Für unser Portal schreibt sie Fachtexte rund um Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Babypflege. Als Mutter und Hebamme ist es ihr wichtig, den Familien den Start in den Alltag mit dem neuen Familienmitglied zu erleichtern.
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