In diesem Artikel
Ratschläge wie „Lass es einfach schreien!“ oder „Schieb es doch in ein anderes Zimmer!“ sind vollkommen überholt und schädlich für die Entwicklung des Kindes. Auf diese Weise wird das Vertrauen des Kindes zu seinen Eltern und seiner Umwelt (Urvertrauen) zerstört. Doch genauso schwierig ist es, wenn allabendlich ein stundenlanges Einschlaf-Programm abgespult wird, das Stresslevel für alle wird so nicht abgebaut, sondern erhöht. Vor dem Erwerb der Sprache ist das Schreien des Babys in erster Linie Ausdruck von Unwohlsein oder Unbehagen. Keinesfalls will ein Baby nerven, Aufmerksamkeit schinden oder gar die Eltern ärgern. Zu diesem Verhalten ist ein Baby noch nicht in der Lage (kommt erst im Kleinkindalter). Was also tun?
Ursachen suchen und beheben
Hat das Baby noch Hunger/Durst?
Sehr häufig sind die Kleinen einfach noch nicht richtig satt. Die Eltern müssen erst lernen, Signale von Hunger, Müdigkeit, Langeweile, Unwohlsein zu deuten und zu unterscheiden.
- tagsüber ausreichend Mahlzeiten/ausreichende Trinkmenge
- eventuell nochmals Stillen/Flasche/Breimenge erhöhen
Hat das Baby eine trockene Windel?
Manche Babys reagieren auf eine volle Windel mit Unruhe und Abneigung.
- frische Windel vor dem Schlafen
Leidet das Baby unter Reizüberflutung?
Das Gehirn eines Babys entwickelt sich schrittweise und beständig. Anfangs treffen alle Reize auf die Hirnzellen auf, ohne dass das Baby diese schon verarbeiten kann. Erst wenn das Gehirn reifer wird und sich entwickelt, kann das Baby besser damit umgehen und Ereignisse/Erlebnisse verarbeiten.
- geregelten Tagesablauf mit festen Zeiten
- beruhigendes Abendritual (Baden, Kuscheln, Vorlesen…)
- tagsüber Zwischenschläfchen machen lassen
- Unternehmungen/Termine auf ganze Woche verteilen (nicht an einem Tag alles erledigen)
- nicht zu viele Baby-Kurse gleichzeitig
Friert/Schwitzt das Baby?
Am Anfang können Babys ihre Körpertemperatur noch nicht gut regulieren. Innerhalb der ersten Lebenswochen ist Frieren eine häufige Ursache für Unruhe sowie Schlaflosigkeit. Erst mit zunehmender Nahrungsmenge und zunehmendem Alter ist das Kleine in der Lage, seine Körpertemperatur konstant zu halten.
- Körpertemperatur messen (36,5 bis 37,5°C = normal; <36,5 = Frieren; >37,5 = Überwärmung)
- Zimmertemperatur überprüfen (ideal wären ca. 18°C im Schlafraum)
- Schlafsachen anpassen
- geeigneten Schlafsack wählen (Sommer-, Winter-, Übergangsschlafsack)
- Körperwärme (Kuscheln) oder Wärmekissen (nicht zu heiß verwenden) bei Untertemperatur
Hat das Baby Schmerzen?
Sehr oft sorgen sich Eltern, dass das Baby Schmerzen hat oder es krank ist/wird. Warum schreit Baby sonst, wenn es satt und trocken ist? Überwiegend wird ein Baby von Bauchschmerzen geplagt, da sich das Verdauungssystem auf die orale Nahrungszufuhr erst einstellen muss.
- auf regelmäßigen Stuhlgang achten
- Überprüfung der Ernährung auf Blähendes/Verstopfendes/Unverträglichkeiten
- häufig Bäuerchen machen lassen
- Kind auf Blockaden untersuchen lassen (schränken Bewegung und entspanntes Liegen ein)
- beim Zahnen lindernde Maßnahmen ergreifen (Beißring, Salbe…)
Hat das Baby vielleicht Angst (Dunkelheit, Alleinsein…)?
Ängstlich sein ist mit Erfahrungen verbunden. Für Babys sind Gefühle von „Verlassen-sein“, „Allein-sein“, „Einsam-sein“ immer angstauslösend, denn ohne Eltern kann es nicht überleben. Deshalb braucht es Nähe und Bestätigung, besonders, wenn Umstände in der Vergangenheit Angst ausgelöst haben (schwere Geburt, Trennung von der Mutter z.B. wegen Krankenhausaufenthalt, schlimmes schmerzhaftes Erlebnis z.B. Sturz und ähnliches)
- getragenes T-Shirt von Mama oder Papa über die Matratze ziehen (Geruch = Nähe)
- Nachtlicht in Steckdose anbringen (bessere Orientierung im Dunkeln)
- Babybett im Zimmer der Eltern aufstellen
Ist das Baby noch nicht müde?
Wie bei Erwachsenen muss schließlich auch ein Kind Müdigkeit empfinden, um zur Ruhe zu kommen. Wenn eine Müdigkeitsphase verpasst oder übersprungen wird, kommt etwa erst nach 90 Minuten die nächste Müdigkeitsphase – in der Zwischenzeit ist das Baby dann aktiv oder quengelig und schreit in einigen Fällen.
- tagsüber ausreichend Aktivitäten
- frische Luft (Spaziergänge, Spielplatz…)
- Mittagsschlaf abkürzen
- günstigste Zu-Bett-Geh-Zeit finden
Was tun, wenn das Baby abends trotzdem schreit?
Ruhig bleiben. Das Baby muss erst lernen, sich selbst zu regulieren. Dies erfordert eine Reife von Körper und Gehirn. Diese Regulation können die Eltern folgendermaßen unterstützen:
- nicht schreien lassen – das Urvertrauen des Kindes wird zerstört
- alle paar Minuten zum Baby gehen, es beruhigen, streicheln – wieder aus dem Zimmer gehen (das Baby merkt, dass es nicht allein ist, dass die Eltern reagieren, wenn es was hat und dass eigentlich alles in Ordnung ist)
- Dinge, die das Einschlafen an die Anwesenheit der Eltern koppeln, sind eher nachteilig (Stillen, Herumtragen, Händchen halten, Schaukelstuhl usw.)
- Dinge, die das Baby selbst erreichen kann, helfen ihm indes bei der Selbstregulation (Daumen/Schnuller, Schmusetuch, rhythmische Eigen-Bewegungen, sich in den Schlaf „singen/ningeln“)
Wenn alles nichts hilft
Die Menschen, auch Babys, sind verschieden. Deshalb kann es sein, dass oben aufgeführte Maßnahmen manchmal auch nicht zu den erwünschten ruhigen Abenden/Nächten führen. Aber auch dies müssen Eltern nicht hinnehmen. Oftmals finden entsprechende Fachpersonen die individuelle Ursache für die (Ein)Schlafstörung des Babys und leiten infolgedessen wirksame Therapien ab.
- Rat von Fachpersonen suchen (Kinderarzt, Schlafambulanz, Schreiambulanz, entsprechende Literatur…)
Nun hoffe ich auf gutes Gelingen und entspannte Abende mit Ihrem kleinen Liebling.